Labor & Diagnostik

Quo vadis Labormedizin?

Die Zukunft der Laboratoriumsmedizin in Deutschland

12.05.2010 -

Die Laboratoriumsmedizin ist sowohl im ambulanten wie auch im stationären Bereich eine der innovativsten und wichtigsten fachärztlichen Disziplin bei der Diagnostik und Therapiekontrolle von Erkrankungen. So werden derzeit mehr als 65% aller Diagnosen direkt oder indirekt mit Hilfe laboratoriumsmedizinischer Methoden erstellt. Dennoch steht die Labormedizin seit geraumer Zeit einigen Herausforderungen gegenüber, die sie in ihrer Existenz bedrohen.

War for Talents

Eine zentrale Herausforderung, vor der die Labormedizin derzeit steht: Der nicht unerhebliche Nachwuchsmangel. Nach den Zahlen der Bundesärztekammer aus dem Jahr 2008 wa-ren etwas weniger als 1.000 Laborärzte in den verschiedensten Bereichen der Medizin tätig; in diesem Jahr legten jedoch nur 57 Weiterbildungsassistenten ihre Facharztprüfung zum Laborarzt ab. Ein ähnliches Bild ergibt sich auch bei den Ärzten für Mikrobiologie. Hier kamen bei einer Gesamtzahl von 670 Kolleginnen und Kollegen lediglich 27 neue Fachärzte hinzu. Die Ursachen für diesen Trend sind vielfältig. Neben dem alle Arztgruppen betreffen-den Nachwuchsmangel nimmt in der Laboratoriumsmedizin durch massives Outsourcing und Stellenstreichung in den großen Krankenhäusern der Maximalversorgung die Anzahl der Fort- und Weiterbildungsstellen ständig ab. Hier stellen vor allen Dingen die im Zuge der GOÄ-Novellierung geplanten massiven Kürzungen im M 2-Bereich (Allgemeinlabor) eine starke Bedrohung dar, weil aus diesem Kapitel derzeit noch größere Leistungsmengen allerdings unter extrem kostenintensiven Bedingungen bei Nacht- und Notfallleistungen erbracht werden müssen. Nur wenn es auf Dauer gelingt, unser Fach als festen Bestandteil sowohl bei der studentischen Ausbildung wie auch bei der Weiterbildung von Fachärzten zu etablie-ren, wird die ärztlich geprägte Laboratoriumsmedizin in Deutschland eine Zukunft haben. Auch die von der Politik und der PKV immer wieder in die Diskussion gebrachte Öffnungs-klausel für Privatkassen sowie der neue PKV-Basistarif zum 0,9-fachen GOÄ-Satz stellen eine große Gefahr für die derzeit noch bestehenden labormedizinischen Abteilungen in den Krankenhäusern dar.

Wirtschaftlichkeit statt Innovation

Aber nicht nur die im stationären Bereich beschäftigten Laborärzte geraten zunehmend unter Druck, sondern auch die auf dem ambulanten Sektor tätigen Laboratorien sehen sich einem seit Jahren bestehenden stetigen Mittelabfluss in andere Fachgebiete gegenüber. So werden in Deutschland derzeit durch so genannte Wirtschaftlichkeitsboni, die zur Verhinderung von Laborleistungen führen, fast genauso viele Mittel aufgebracht, wie für deren Erbringung. Darüber hinaus besteht zurzeit eine große Gefahr, dass die Innovationsfähigkeit der Laboratoriumsmedizin im niedergelassenen Bereich durch die geplanten Einschränkungen bei den „Ähnlichen Untersuchungen" verloren geht. Als eine der wenigen Fächer in der Medizin war es bisher in der Laboratoriumsmedizin möglich, den Trend zur 2-Klassen-Medizin in Deutschland zur vermeiden, da auch den Kassenpatienten alle wichtigen neuen Parameter zeitgleich mit dem stationären Bereich zur Verfügung standen. Ohne diese Möglichkeit hätten Parameter wie BNP, Anti-CCP, Cystatin C etc. sowie viele PCR-Verfahren nicht so schnell den Weg in die GKV-Versorgung der Bevölkerung finden können. Die geplanten Einschränkungen mit dem Ziel eines kompletten Wegfalls dieser Ziffern stellen deshalb einen massiven Rückschritt in der Versorgung dar.

Die derzeit noch gesicherte flächendeckende Versorgung der Bevölkerung durch laboratoriumsmedizinische Zentren ist durch den quasi Wegfall der Transport- und Befundziffer im EBM (GOP 40100) ebenso in Gefahr, wie die Niederlassung oder Anstellung von neuen Kollegen bei ambulanten Fallwerten von € 1,42 pro Patient und Quartal für die ärztliche Beurteilung und Befundung der Untersuchungsergebnisse. Darüber hinaus werden seit einigen Quartalen auch die Kostensätze entgegen bestehenden BSG-Urteilen in einigen KV-Bezirken quotiert. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass der Anteil der durch Laborärzte erbrachten Untersuchungsleistungen im Vergleich zu den von Nicht-Laborärzten in Selbstzuweisung durchgeführten Untersuchungen ständig rückläufig ist und derzeit nur noch 25% des Honorartopfes im Labor ausmachen.

Im Gegensatz zu einer fast 100%igen Akkreditierung der laborärztlich geleiteten Einrichtugen bestehen bei den Selbstzuweisern vielerorts große Qualitätsunterschiede, die hoffentlich nach Inkrafttreten der RiLiBÄK ab 01.04.2010 ausgeglichen werden. Hierzu wird die Einfüh-rung stringenter Kontrollen der neuen Bestimmung durch die Körperschaften oder die zuständigen staatlichen Stellen nötig sein, um die labormedizinischen Untersuchungen für Patienten wieder sicher zu machen. Langfristig kann die geforderte Qualität jedoch nur in den von Laborärzten geleiteten Einrichtungen erfolgen, wie dies im Übrigen ja auch im § 135, Abs. 2, SGB V vorgesehen ist.

Konsolidierung und Kooperation

Die qualitativ hochwertige und sehr kosteneffiziente Labormedizin in Deutschland hat weltweit tätige Konzerne und Investorengruppen nach Deutschland gelockt, die sich durch Aufkäufe großer Laboratorien auch für ihre europäischen und außereuropäischen Geschäfte zusätzliche Profite versprechen. Durch die Tatsache, dass Deutschland die in Europa bei weitem niedrigsten Vergütungskosten für Laborleistungen besitzt, ist es zu einer zunehmenden Oligopolisierung mit dem Ziel wirtschaftlich überlebensfähiger Einheiten zu schaffen gekommen. Dieser Konsolidierungsprozess hat eine Vielzahl von Laborketten, Laborzusammenschlüssen und großen Einzellaboratorien hervorgebracht, die derzeit noch eine flächendeckende Versorgung in unserem Land aufrecht erhalten können. Nur wenn es uns in Zukunft gelingt, den ärztlichen Anteil unserer Arbeit durch zusätzliche Schaffung von Ausbildungsplätzen in Kliniken, durch Sicherung einer hohen Qualität, sowohl bei der Erbringung wie auch bei der Befundung der Ergebnisse und dem Erhalt möglichst vieler Laborstandorte sicherzustellen, wird die Laboratoriumsmedizin vor einem Absinken zu einer beziehbaren nicht mehr ärztlichen Leistung geschützt werden können. Hierzu bedarf es auch weiterhin der engen Zusammenarbeit aller in Deutschland tätigen Laborärzte mit der jeweiligen Respektierung der Besonderheiten im stationären wie auch im ambulanten Bereich.

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