Medizin & Technik

EuroPCR 2006: Fortschritte in Europa bei der perkutanen Revaskularisation

23.05.2014 -

EuroPCR 2006: Fortschritte in Europa bei der perkutanen Revaskularisation. Im Fokus des diesjährigen EuroPCR (Pariser Revaskularisationskurs) standen die Fortschritte und eine Ausweitung auf dem Gebiet der perkutanen Koronarinterventionen.
Diese Ausweitung bezieht sich sowohl auf die Zunahme der Angiographien und die weiter gefassten Kriterien der Patientenauswahl als auch auf Verbesserungen der heutigen Technologie und die Entwicklung neuer Medikalprodukte.
Die Fortschritte bringen außerdem für den Kliniker eine nicht enden wollende Flut an medizinischen Abkürzungen mit sich.
Die jüngst veröffentlichte Euro Heart Study zur koronaren Revaskularisation belegt, dass von den untersuchten 5.619 Patienten aus 31 Ländern mit angiographisch nachgewiesener Koronarastenose (> 52 % in zumindest einem Gefäß) insgesamt 79 % mechanisch interventionell behandelt wurden: Perkutane Koronarintervention (PCI) in 58 % und Koronarbypass (CABG) in 21 % der Fälle.
Die verbleibenden 21 % wurden strikt medikamentös weitertherapiert.
Die Untersuchung wurde vor Einführung medikamentenbeschichteter Stents (DES) durchgeführt und schließt mit der Aussage, dass bei der Bewertung dieser neuen Technologie die gesammelten Studiendaten als Benchmark dienen könnten.
In der bevölkerungsbezogenen Anzahl der PCIs wie auch im Verhältnis PCI zu CABG liegt Großbritannien etwas hinter den führenden europäischen Ländern (GB: 1.000/1 Million Einwohner und PCI:CABG-Quotient von 2,5:1 versus BRD: 3.000/1 Million und PCI:CABG-Quotient von 8:1).
Management & Krankenhaus sprach mit Dr. Anthony Gershlick, FRCP, Leitender Kardiologe am Universitätsklinikum Leicester in Großbritannien, Mitglied der British Cardiac Society und der vom Gesundheitsministerium eingesetzten Arbeitsgruppe, die im Rahmen des Nationalen Infarkt-Angioplastie-Projektes (NIAP) die Möglichkeit eines breiteren Einsatzes der primären Angioplastie in Großbritannien untersuchen soll.
In 2004 gab die Mehrheit der 55 Kardiologiezentren in Großbritannien an, dass sie beim arteriosklerotisch bedingten Myokardinfarkt mehr oder weniger häufig die PCI durchführen würden.

Beim Myokardinfarkt mit ST-Streckenhebung (STEMI) führte zu diesem Zeitpunkt nur etwa ein halbes Dutzend Zentren routinemäßig nicht die Thrombolyse, sondern die primäre Angioplastie durch (1.500 von insgesamt 63.000 Patienten); nach Auffassung von Gershlick hat sich die Zahl dieser Zentren mittlerweile auf mindestens zehn erhöht.
„Historisch gesehen lag bei der Behandlung des Herzinfarktes das Hauptaugenmerk auf dem „Zeitraum bis zur Nadel“ – d.h. auf einer Verkürzung des Zeitraumes bis zur Gabe von Thrombolytika.
Des Weiteren wurde die politische Entscheidung gefällt, auf dem Gebiet der Hightech-Medizin herausragende regionale Kompetenzzentren aufzubauen.
Somit sieht sich der diensthabende Arzt in einem Haus der Grund- und Regelversorgung, der einen Patienten mit Myokardinfarkt versorgen muss, mit dem Dilemma konfrontiert, diesen Patienten sofort vor Ort medikamentös zu behandeln oder ihn mit allen Risiken einer Zeitverzögerung in ein regionales Kompetenzzentrum weiterzuverlegen, wo er einer PCI unterzogen werden könnte.
In klinischen Studien zeigte sich, dass die Verlegung zur PCI das Outcome gegenüber der reinen Thrombolyse vor Ort zu verbessern scheint, und daher wäre es durchaus am besten, wenn der Rettungswagen primär nicht das nächstgelegene Haus der Grund- und Regelversorgung anfährt, sondern gleich das Interventionszentrum.“
Die von der Interventional Cardiology and Coronary Pathophysiology working group (ICCPWG Arbeitsgruppe zur interventionellen Kardiologie und Koronarpathophysiologie) der European Society of Cardiology durchgeführten Jahresübersichten deuten an, dass in der Europäischen Gemeinschaft zwar die Angiographie- und Interventionsrate ansteigt, dies aber wesentlich darin begründet ist, dass die Länder mit bisher niedriger Rate aufholen, und dass die „ad hoc PTCA-Rate insgesamt ein Plateau erreicht zu haben scheint.“
In 2000–2001 berichteten alle in der ICCPWG befragten Länder über einen Anstieg der Stentimplantation. Diese Rate war in den mittel- und westeuropäischen Ländern am höchsten und lag in Frankreich bei 96 %.
Der Einsatz medikamentenbeschichteter Stents – der neuesten Errungenschaft auf dem Gebiet der PCI – nahm ebenfalls zu.
Gershlick stellt fest: „Trotz deutlich höherer Kosten haben sich interventionell tätige Kardiologen die medikamentenbeschichteten Stents als therapeutisches Ziel auserkoren, obwohl die verschiedenen europäischen Gesundheitssysteme mit ihren unterschiedlichen Modellen der Kostenerstattung und gesundheitsökonomischen Bewertung neuer Technologien zu unterschiedlichen Implantationsraten bei diesen Stents geführt haben.“
Die Entwicklung neuartiger Stentarten wird in den USA vorangetrieben, und laut Gershlick werden sich in naher Zukunft zwei neue Interventionsformen auswirken:
Der Aortenklappenersatz über den perkutanen Zugang und die Stammzelltherapie.
Im Universitätsklinikum Leicester wird in Kürze eine Pilotstudie durchgeführt, mit der die Möglichkeit einer Neubesiedelung von vernarbtem oder abgestorbenem Myokardgewebe durch Knochenmarkoder Precursor-Stammzellen überprüft werden soll.

Philippa Pigache, Fairfield, Großbritannien

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