Medizin & Technik

Kapselendoskopie und hochauflösende Bilder

07.02.2011 -

Kapselendoskopie für den Dickdarm und hochauflösende Bilder in HDTV-Qualität sind die neuesten Entwicklungen auf dem Gebiet der Endoskopie. Ein Thema ist die deutlich verbesserte Bildqualität der Endoskope, die enorme Vorteile für Patient und Arzt mit sich bringt. „Wir sind in der Lage, bereits kleinste Veränderungen im Verdauungstrakt zu erkennen. Möglich machen das einerseits hochauflösende Bilder in HDTV-Qualität, andererseits der Einsatz spezieller optischer Filter", berichtet Prof. Horst Neuhaus, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am Evangelischen Krankenhaus Düsseldorf. Durch eine tausendfache Vergrößerung lassen sich die Zellen noch während der Untersuchung differenzieren. „Dadurch müssen weniger Gewebeproben entnommen werden, was sich wiederum in geringeren Kosten widerspiegelt", sagt Neuhaus.

Für Patienten, die vor einer Darmspiegelung zurückschrecken oder bei denen eine solche Untersuchung nicht durchgeführt werden kann, besteht die Möglichkeit der Kapselendoskopie. Zwar ist diese Form der Untersuchung nicht neu, gibt es sie doch schon seit 2001, doch sie entwickelt sich weiter. Neuhaus: „Die Methode ist für die Untersuchung des Dünndarms bereits etabliert und wird beispielsweise bei unklaren Blutungen im Dünndarm durchgeführt. Ein Fortschritt ist, dass mithilfe der Kapsel nun auch der Dickdarm untersucht werden kann."

Die Kapsel ähnelt in ihrer Größe einer Vitaminpille und enthält Batterien, einen kleinen Sender, eine Lichtquelle sowie ein oder zwei Kameras. Nachdem sie der Patient geschluckt hat, wandert die Kapsel durch den Verdauungstrakt und sendet über Funk Bilder an Sensoren, die sich am Körper des Patienten befinden. Ein Datenrekorder, den der Patient eng an der Hüfte mit sich trägt, nimmt die Daten schließlich auf. „Die neueste Entwicklung ermöglicht vier Bilder pro Sekunde, wenn die Kapsel im Darm ruht, und 35 Bilder pro Sekunde, wenn sie durch den Darm wandert. 80-90% der Polypen sind mit dieser Technik erkennbar", sagt Neuhaus. Nach spätestens zehn Stunden wird die Kapsel auf natürlichem Wege wieder ausgeschieden. Anschließend kann der Arzt die Bilder mit einer speziellen Software auf einem Videomonitor betrachten und analysieren.

Der Patient erspart sich durch die Kapselendoskopie nicht nur eine unangenehme Darmspiegelung, sondern kann zudem während der Untersuchung seinem normalen Tagesablauf nachgehen. Allerdings muss der Darm - wie bei einer herkömmlichen Koloskopie auch - vor der Kapselendoskopie vollständig sauber sein. Der Unterschied zwischen Dünndarm- und Dickdarm-Untersuchung liegt im Kapsel-Typ: Beim Check des Dickdarms nehmen zwei Kameras - jeweils eine nach vorne und nach hinten - Bilder auf. Außerdem muss der Patient während der Untersuchung eine spezielle Flüssigkeit trinken, damit die Kapsel den Dickdarm schneller erreicht.

Die Kapselendoskopie kann laut Neuhaus helfen, die Akzeptanz der Vorsorgeuntersuchungen bei Menschen ab 55 Jahren zu steigern. „Nur wenige Patienten nehmen an der Darmvorsorge teil, weil sie vor einer Darmspiegelung zurückschrecken. Mit der Kapsel könnten auch diese Menschen für eine Untersuchung motiviert werden", sagt Neuhaus. Er betont jedoch, dass die Kapselendoskopie lediglich die Dia¬gnostik abdeckt. Werden bei der Untersuchung Polypen gefunden, muss eine anschließende Koloskopie durchgeführt werden, um sie zu entfernen.

Nachdem in den vergangenen Jahren viele gesetzlich versicherte Patienten eine Untersuchung mit der Kapsel selbst zahlen mussten, hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) am 11. November 2010 beschlossen, das diagnostische Verfahren zumindest bei unklaren Blutungen des Dünndarms zu übernehmen. Außerdem hat der G-BA Vorgaben zur Qualitätssicherung beschlossen, die bei der Durchführung der Kapselendoskopie berücksichtigt werden müssen. Dazu gehören die Qualifikation der behandelnden Ärzte sowie Vorgaben zur Qualität der zum Einsatz kommenden Systeme für die Kapselendoskopie.

Hoffnung setzt Neuhaus auf ein Magnetsystem der Firmen Siemens Healthcare und Olympus, mit denen die Kapsel vom untersuchenden Arzt wie mit einer Art Joy-Stick gesteuert werden kann. Dafür legt sich der Patient nach dem Schlucken der Kapsel in einen großen Magnetring, der einem Magnet¬resonanztomografen ähnelt. Erscheint dem Arzt im Verdauungssystem etwas verdächtig, kann er die Kapsel mit der integrierten Kamera an die Stelle heranführen und sich diese genauer ansehen. Erste Tests im Bereich des Magens sind von französischen Wissenschaftlern bereits mit großem Erfolg gelaufen.

Und auch in Deutschland wird die magnetische Fernsteuerung bereits erforscht. Der Biophysiker Frank Volke, Projektleiter am Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik, testete sein entwickeltes System mit einer Hamburger Ärztin. Anstatt eines Magnetrings verwendet das von Volke entwickelte System jedoch einen Magnetblock, der wie ein Ultraschallkopf mit Gel über den Bauch gleitet. Auch diese Ergebnisse lassen hoffen, dass sich die gesteuerte Form der Kapselendoskopie in den kommenden Jahren entwickeln und etablieren wird.

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