Daptomycin: Neue Gram für Gram-positive
06.06.2014 -
Daptomycin: Neue Gram für Gram-positive. Seit Mitte April ist mit Cubicin (Daptomycin) ein neues Antibiotikum zur Therapie schwerer Haut- und Weichgewebeinfektionen auf dem Markt. Der erste Vertreter der Lipopeptid-Antibiotika wirkt bakterizid auf zahlreiche, insbesondere aber multiresistente grampositive Bakterien.
Angesichts der Zunahme an Resistenzen wird der Bedarf an neuen Antibiotika immer dringlicher. Daptomycin (Cubicin) zeichnet sich durch eine bakterizide Wirkung auch gegen multiresistente Keime sowie das Fehlen von Kreuzresistenzen zu anderen Antibiotika aus. Es wirkt ausschließlich gegen Grampositive Bakterien.
Um 1980 wurde es entdeckt, berichtete Prof. Dr. Dieter Adam, München. Es leitet sich von einem Fermentationsprodukt von Streptomyces roseosporus ab. Die zyklische Verbindung aus 13 Aminosäuren enthält hydrophile Bereiche und eine lipophile Seitenkette mit einer Dekansäure (C10), die wohl für den Wirkmechanismus verantwortlich ist.
Der Wirkstoff bindet kalziumabhängig mit der Seitenkette an die Bakterienmembran und dringt in diese ein. Nach Oligomerisierung von Daptomycin bilden sich Kanäle, durch die Ionen, vor allem Kalium, ausströmen.
Es kommt zur Membrandepolarisation, die Protein-, DNA- und RNA-Synthese versagt und die Zelle stirbt schnell ab, ohne dass es in größerem Maß zur Lyse kommt.
Daptomycin wirkt in vitro gegen ein breites Spektrum an Gram-positiven Keimen einschließlich Methicillin- und Vancomycin-resistentem und Vancomycin-intermediär empfindlichem Staphylococcus aureus (MRSA, VRSA, VISA) sowie Vancomycin- resistenten Enterokokken (VRE).
Auch Anaerobier wie Clostridien werden erfasst. Gram-negative Bakterien sind unempfindlich, weil Daptomycin ihre äußere Membran nicht durchdringen kann.
Daptomycin scheinen eine sichere therapeutische Alternative für die Behandlung von Infektionen mit Gram-positiven Bakterien zu sein, resümierte Prof. Dr. Harald Seifert, Köln.
Intravenöse Infusion hat es in sich
Daptomycin wird intravenös über 30 Minuten verabreicht. Die empfohlene Dosis beträgt 4 mg/kg alle 24 Stunden für 7 bis 14 Tage. Glukose- haltige Lösungen dürfen nicht hinzugegeben werden.
Kompatibel ist Cubicin jedoch mit Aztreonam, Ceftazidim, Ceftriaxon, Gentamicin, Fluconazol, Levofloxacin, Dopamin, Heparin und Lidocain. Das Dosierungsintervall des Lipopeptids muss bei schwerer Niereninsuffizienz auf 48 Stunden verlängert werden.
Das Medikament wird kaum oder nicht verstoffwechselt und beeinflusst nicht Cytochrom- P450-Enzyme.
In der European Daptomycin Surveillance Study wurden 2.900 Bakterienisolate untersucht. Man hat zwischen Oktober 2004 und März 2005 die In-vitro-Aktivität der Substanz in verschiedenen europäischen Zentren gemessen.
Nahezu alle Bakterienisolate (99,8 % der Staphylokokken und 100 % der Enterokokken), die vorwiegend von Haut- und Weichgewebsinfektionen stammten, waren gegenüber dem Antibiotikum empfindlich.
Daptomycin wurde zudem in zwei großen randomisierten Phase- III-Studien geprüft.
1.092 Patienten mit komplizierten Haut- und Weichgewebeinfektionen, vorwiegend Wundinfektionen und schweren Abszessen, enthielten Daptomycin 4 mg/kg, Vancomycin oder ein semisynthetisches Penicillin (Nafcillin, Oxacillin, Cloxacillin, Flucloxacillin).
Metronidazol und/oder Aztreonam wurden bei Bedarf zugesetzt.
Daptomycin war vergleichbar gut wirksam und verträglich wie die Standardtherapie, wirkte aber schneller. Eine Therapie über vier bis sieben Tage reichte bei 63 % der Patienten unter Daptomycin aus, verglichen mit nur einem Drittel der Patienten unter Vergleichsmedikation.
Die häufigsten Nebenwirkungen waren Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Muskelschmerzen, Pilzinfektionen, Ausschlag, lokale Reaktionen an der Injektionsstelle und anomale Leberenzymspiegel.
Behandlungsbedingte Erhöhungen der Kreatinphosphokinase-(CPK)- Werte wurden bei elf Patienten (2,1 %) beobachtet. Dieser Wert sollte zu Beginn und während der Therapie kontrolliert werden.
Die Wirksamkeit von Daptomycin bei Endokarditis und Bakteriämie wird derzeit geprüft. Bei ambulant erworbener Lungenentzündung war es in zwei Studien weniger wirksam als Ceftriaxon; es empfiehlt sich also nicht zur Therapie von Pneumonien.
Quelle: Einführungspressekonferenz „Cubicin, die neue Option in der i. v. – Antibiotika-Therapie – auch bei multiresistenten Erregern“, am 27.04.2006 in Berlin
Dr. Nana Mosler, Leipzig