DGN Kongress: Epilepsie-Behandlung in der Diskussion
01.04.2011 -
DGN Kongress: Epilepsie-Behandlung in der Diskussion. Nach wie vor ist die Behandlung der Epilepsie im Erwachsenenalter symptomatisch. Denn eine kausale Therapie liegt noch nicht vor. Auf dem vom Pharmahersteller UCB ausgerichteten Satellitensymposium beim diesjährigen Kongress der DGN (Deutsche Gesellschaft für Neurologie) kam zum Ausdruck, dass „gerade in der Behandlung fokaler Epilepsien aus den aktuellen deutschen Leitlinien ein gewisser Paradigmenwechsel“ abgeleitet werden müsse.
Denn der bisherige Goldstandard Carbamazepin schiene gerade vor dem Hintergrund einer Langzeit- oder auch Kombinationstherapie mit anderen Medikamenten aufgehoben. Auf dem Satellitensymposium wurden nun anhand von Zulassungsstudien und Langzeitdaten die Perspektiven erörtert, die sich durch den im August 2008 zugelassenen Wirkstoff Lacosamid (Vimpat) ergeben könnten. Jener „gewisse Paradigmenwechsel“ wurde von Prof. Dr. Christian E. Elger, Universitätsklinikum Bonn, konstatiert, indem er die Leitlinien beleuchtete. Vor allem der Startpunkt der medikamentösen Therapie ist in der Diskussion. Epidemiologische Daten sehen einen Beginn der Behandlung nach dem zweiten oder dritten Anfall, während bei erhöhter „Epileptogenität“ in vielen Fällen eine sofortige Therapie angezeigt werden kann. „Eine konsequente Therapie sollte früh erfolgen“, forderte Elger.
„Bei den fokalen Epilepsien gilt Carbamazepin sozusagen als Goldstandard“, fasste Elger die Empfehlungen internationaler Leitlinien zusammen. „In der SAND-Studie zeigt sich allerdings, dass bis auf Gabapentin keine entscheidenden Wirksamkeitsunterschiede bei der Ersttherapie für Carbamazepin, Lamotrigin, Topiramat und eingeschränkt auch Oxcarbazepin vorliegen“. Elger betonte, dass Carbamazepin aufgrund der Pharmakokinetik mit deutlicher Enzyminduktion in vielen Fällen nicht die Idealsubstanz darstellt: „Vor allem bei vorgeschädigten Patienten sind kognitive Einschränkungen im höheren Dosierungsbereich zu erwarten“, so Elger.
Das von der EMEA nun zugelassene Antikonvusivums Lacosamid, ist zur Zusatzbehandlung von fokalen Anfällen mit oder ohne sekundäre Generalisierung bei Epilepsiepatienten ab 16 Jahren vorgesehen. Prof. Dr. Bernhard Steinhoff, Kehl-Kork, hob die Einsatzmöglichkeit der Substanz, direkt zur Zulassung über die orale Applikation hinaus, als Novum hervor, da dadurch die Praktikabilität des Einsatzes von Lacosamid deutlich erhöht wird. Lacosamid sei ein gut verträgliches Antikonvulsivum zur Zusatzbehandlung, dessen Wirksamkeit in klinischen Studien belegt wurde. „Die Studiendaten sind viel versprechend. Gleichwohl wird man die praktischen Erfahrungen abwarten müssen, um zu einer wirklich praxisnahen Beurteilung gelangen zu können“, so Steinhoff.
Erfahrungen aus der Klinik
Dr. Stephan Arnold, München, beschrieb seine eigenen Erfahrungen mit Lacosamid. Im Behandlungszeitraum Juli 2004 bis Januar 2005 wurden eine Gruppe von 12 Patienten mit dem neuen Wirkstoff behandelt: „Die Erkrankungsdauer der Patienten vor Studienbeginn lag im Mittel bei 26 Jahren, die mittlere Anzahl der zuvor eingenommenen Medikamente bei 7 AEDs. Als Ursache der Epilepsie zeigten sich sowohl angeborene Fehlbildungen als auch erworbene Störungen. Vier Patienten waren zuvor epilepsiechirurgisch behandelt worden“, so Arnold. Von dieser Gruppe, die Lacosamid-Tagesdosen von 300 bis 400 mg erhielten, zeigten 11 eine mittlere Anfallsreduktion von 40%. Bei einigen Patienten konnte durch Dosissteigerung auf bis zu 800mg/ Tag eine weitere Reduktion der Anfallshäufigkeit auch eine Reduktion der Anfallsschwere. Arnold betonte in diesem Zusammenhang, dass zwar bisher keiner der 12 Patienten in eine Lacosamid-Monotherapie überführt wurde, aber die Anzahl der Begleitmedikamente bzw. die Dosierung erheblich reduziert werden konnte.