Hygiene

ONTARGET-Studie: Hochdruckbehandlung mit Telmisartan

26.12.2011 -

ONTARGET-Studie: Hochdruckbehandlung mit Telmisartan. Bei der Hypertonie ist eine differenzierte Therapie gefragt. Das gilt insbesondere für die Wahl der Antihypertensiva, die durchaus unterschiedliche Wirkungen vermitteln. Vor allem die Sartane – und unter ihnen insbesondere der Wirkstoff Telmisartan – haben günstige Effekte über die Blutdrucksenkung hinaus, beispielsweise auf den Stoffwechsel. Inwieweit sich dies auf die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität auswirken, wird derzeit in der ONTARGET-Studie (Ongoing Telmisartan Alone and in combination with Ramipril Global Endpoint Trial) geprüft, deren Daten im kommenden Frühjahr vorliegen sollen.

Ein Paradigmenwechsel vollzieht sich derzeit bei der Hochdruckbehandlung: Es geht um weit mehr als nur um die reine Blutdrucksenkung und auch die Endorganprotektion ist als Therapieziel nicht ausreichend. „Wir müssen vielmehr alles daran setzen, die Gefäßelastizität zu erhalten und die Gefäßalterung abzuwenden“, erklärte PD Dr. Friedhelm Späh aus Krefeld im Rahmen der Hochdruckligatagung in Bochum. „Denn das Nachlassen der Gefäßelastizität, das seinen Ausdruck in einem steigenden Pulsdruck findet, ist die Triebfeder aller Endorganschädigungen“, erläuterte der Kardiologe bei einem Satellitensymposium von Bayer Vital im November 2007.

Im Vordergrund steht der Erhalt der Gefäßelastizität

Die Blutdrucksenkung ist nach seinen Worten quasi ein Surrogatparameter, der allerdings nicht sicherstellt, dass die Gefäßelastizität erhalten bleibt oder zurück gewonnen wird. Es muss deshalb bei der Hypertoniebehandlung gut differenziert werden, wie die erzielte Blutdrucksenkung vermittelt wird. So kann es laut Späh zum Beispiel unter der Einnahme von Betablockern zu einem unerwünschten Anstieg des Blutzuckers kommen. Auch die mit der Betablocker-Blockade einhergehende Frequenzminderung ist nach Späh nicht in jedem Fall günstig. „Aktuelle Daten zeigen, dass bei Patienten mit manifester Hypertonie sogar die kardiovaskulären Ereignisse zunehmen können, wenn die Herzfrequenz gesenkt wird“, berichtete der Kardiologe. Der Grund dürfte nach neueren Untersuchungen darin liegen, dass die Frequenzsenkung den Pulsdruck in den zentralen Gefäßen steigert. Ein hoher Pulsdruck aber ist nach Späh als eigenständiger Risikofaktor bekannt.

Telmisartan – günstige Effekte über die Blutdrucksenkung hinaus?

Günstiger wirken sich nach seinen Worten ACE-Hemmer, Sartane und auch Kalziumantagonisten von Dihydropyridin-Typ bei der Hypertoniebehandlung aus. Diese drei Substanzgruppen vermindern nach Späh außerdem am besten eine bereits bestehende linksventrikuläre Hypertrophie. Auch hinsichtlich der Schlaganfallprophylaxe ist eine differenzierte Hochdruckbehandlung bedeutsam, da die Gefährdung der Patienten vor allem durch Sartane, Diuretika und Kalziumantagonisten, weniger stark dagegen durch Betablocker reduziert wird. Auch innerhalb der Gruppe der Sartane gibt es Unterschiede, wobei Späh als besonderes effektiv den Wirkstoff Telmisartan (z.B. Kinzalmono/Kinzalkomb) hervorhob. Die Substanz besitzt eine hohe Rezeptoraffinität und führt zu einer ausgeprägten Blutdrucksenkung über 24 Stunden, wobei auch der Pulsdruck zuverlässig gesenkt wird. Telmisartan könnte nach Späh durch eine selektive Stimulation von PPAR-gamma-Rezeptoren (Peroxisomen Proliferator Activated Receptor gamma) darüber hinaus günstige Zusatzeffekte vermitteln, z.B. eine Senkung des Blutzuckerspiegels, eine Steigerung der Insulinempfindlichkeit, eine Reduktion der Triglyceride und eine Verbesserung der Gefäßelastizität. Gleichzeitig wurde ein Rückgang des viszeralen Fettgewebes unter Telmisartan beobachtet, ein Aspekt, der für die zahlreichen übergewichtigen Hypertoniker von Bedeutung sein könnte.

ACE-Hemmer und Sartane schützen die Niere

Ein besonderes Augenmerk muss nach Prof. Dr. Ulrich O. Wenzel, Hamburg, bei der Hochdruckbehandlung auf die Nierengesundheit gelegt werden. „Denn die Zahl der Patienten mit Niereninsuffizienz bis hin zur Dialysepflichtigkeit nimmt kontinuierlich zu“, betonte der Mediziner in Bochum. Unabhängig davon sind nach seiner Darstellung rund 10% der europäischen Bevölkerung als nierenkrank anzusehen, sie weisen eine eingeschränkte Nierenfunktion oder eine Mikroalbuminurie auf. „Auch eine nur leichte Einschränkung der Nierenfunktion aber ist mit einem erhöhten Mortalitätsrisiko assoziiert“, so Wenzel. Die wichtigsten Ursachen der Progression von Nierenschädigungen sind nach Wenzel die Hypertonie sowie eine Proteinurie, wobei beide Phänomene durch Angiotensin II getriggert werden können. Besonders günstig ist deshalb eine Behandlung mit einem Sartan oder einem ACE-Hemmer zu bewerten“, erklärte der Mediziner in Bochum. Bei Nierenpatienten mit Hypertonie muss nach seinen Worten stets auch eine Kombination der beiden Wirkprinzipien erwogen werden. Denn es gibt, so Wenzel, Daten, wonach Telmisartan in Kombination mit einem ACE-Hemmer, die Proteinurie besser reduziert als der ACE-Hemmer alleine.

ONTARGET-Studie – Meilensteinstudie

Weitere Aufschlüsse erhofft sich Wenzel von den Daten der ONTARGET-Studie, deren Ergebnisse im Frühjahr 2008 vorliegen werden und in der Patienten mit Nierenfunktionsstörung nicht ausgeschlossen wurden. Die ONTARGET-Studie ist nach Dr. Gunther Claus, Melsungen, aber nicht eine reine Hochdruckstudie, sondern eine Studie, welche die Morbidität und Mortalität bei einem kardiovaskulären Hochrisikokollektiv analysiert. In der Untersuchung wurden mehr als 30.000 Patienten über 55 Jahren mit Hypertonie und gesichertem Schlaganfall, Herzinfarkt, pAVK oder Diabetes mit Folgekomplikationen entweder mit 10 mg Ramipril oder mit 80 mg Telmisartan täglich behandelt oder mit einer Kombination der beiden Wirkstoffe. „Es handelt sich um die weltweit größte Studie mit einem solchen Patientenkollektiv“, betonte Claus in Bochum. Derzeit werden nach seinen Worten die Daten zu mehr als 130.000 Patientenjahren ausgewertet. Es wird dabei geprüft, inwieweit ACE-Hemmer und/oder Sartane bei Patienten mit bereits bestehender Gefäßschädigung eine Organprotektion vermitteln und ob es möglicherweise Vorteile einer Kombination der beiden Wirkprinzipien gibt. Primärer Endpunkt der ONTARGETStudie, die von ihrem Design her der HOPE- Studie (Heart Outcomes Prevention Evaluation) vergleichbar ist, ist laut Claus die Rate kardiovaskulärer Komplikationen und Todesfälle. „Es wird insbesondere untersucht, inwieweit unter Telmisartan und/ oder Ramipril die Rate an Schlaganfällen und Myokardinfarkten gesenkt wird und ob sich einer Niereninsuffizienz und einem Diabetes entgegen wirken lässt“, so Claus.

Erwartet wird nach seinen Worten eine signifikante Schutzwirkung unter beiden Therapieprinzipien und im Hinblick der Wirkung auf die Nieren ist auch von einer eindeutig verbesserten Schutzwirkung der Kombinationstherapie auszugehen. Dies lassen nach seinen Worten die Daten aus kleineren Studien vermuten und auch die als Antihypertensiva gewählten Wirkstoffe. Denn mit Telmisartan wird nach Claus eine Substanz geprüft, die sich innerhalb der Gruppe der Sartane durch eine besonders gute klinische Wirksamkeit auszeichnet und die die längste Plasmahalbwertszeit und die höchste Rezeptoraffinität besitzt. Ähnlich wie Telmisartan eine besondere Position innerhalb der Sartane einnimmt, kommt dem Wirkstoff Ramipril laut Claus eine besondere Rolle innerhalb der ACE-Hemmer zu, da für den Wirkstoff in der HOPE-Studie bereits eine ausgeprägte Schutzwirkung über die reine Blutdrucksenkung hinaus dokumentiert wurde.

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