Prophylaxe mit Posaconazol weist höchste Evidenz bei invasiven Pilzinfektionen aus
25.06.2011 -
Prophylaxe mit Posaconazol weist höchste Evidenz bei invasiven Pilzinfektionen aus. Die demnächst aktualisiert erscheinenden Leitlinien „Infektionen bei Neutropenie“ der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) weisen für die Prophylaxe invasiver Pilzinfektionen (IFI) mit Posaconazol (Noxafil) bei bestimmten Patienten die höchste Evidenz aus. Damit bestätigen sie die guten Ergebnisse aus Studien und klinischer Praxis, die Experten anlässlich der DGHO-Jahrestagung in Wien [1] diskutierten.
Eine antimykotische Prophylaxe ist unter anderem bei einer zu erwartenden Neutropenie von mehr als sieben Tagen unter Chemotherapie bei Empfängern einer allogenen oder autologen Stammzelltransplantation und bei Patienten mit hämatologischen Neoplasien indiziert. Studien bestätigen die gute Wirksamkeit von Posaconazol in einigen dieser Situationen, betonte Prof. Dr. Hildegard T. Greinix, Wien. So reduzierte die prophylaktische Posaconazolgabe in einer randomisierten Studie bei Patienten, die an einer verlängerten Neutropenie aufgrund einer Remissions-induzierenden Chemotherapie bei akuter myeloischer Leukämie (AML) oder myelodysplastischem Syndrom (MDS) litten, die Häufigkeit von invasiven Pilzinfektionen (IFI) gegenüber der Prophylaxe mit Fluconazol oder Itraconazol signifikant [2]. Das resultierte in den 100 Tagen nach Randomisierung auch in einem signifikanten Überlebensvorteil durch Posaconazol gegenüber diesen Standardazolen, berichtete Greinix.
Neue Leitlinien berücksichtigen Evidenz
Die gute Studienlage für Posaconazol würdigen die Verfasser der in Vorbereitung befindlichen deutschen Leitlinien [3], wie PD Dr. Andrew J. Ullmann, Mainz, berichtete. Die Arbeitsgemeinschaft Infektionen in der Hämatologie und Onkologie (AGIHO) der DGHO bewertet dort die Prophylaxe von IFI mit Posaconazol bei Remissions-induzierender Chemotherapie aufgrund von AML bzw. MDS mit zu erwartender lang andauernder Neutropenie und bei allogener Stammzelltransplantation mit GvHD mit dem höchsten Evidenzgrad A1. Ullmann betonte, dass mit Posaconazol erstmals für eine IFIProphylaxe auch eine Reduktion der Sterblichkeit nachgewiesen werden konnte [2]. Die sich aus den Studien ergebende Number Needed to Treat (NNT) liegt seiner Einschätzung nach dabei mit 16 bis 17 im Vergleich zu anderen gängigen Medikamenten sehr niedrig. In seiner eigenen Klinik reduzierte eine Posaconazolprophylaxe die pulmonalen Infiltrate signifikant und auch Halozeichen und IFI deutlich. „Seit Einführung dieser Prophylaxe haben wir bei Neutropenie keinen Sterbefall mehr aufgrund einer Pilzinfektion“, so Ullmann.
Effektive Therapiestrategien
Während eine empirische Behandlung hinsichtlich möglicher Überbehandlung, Toxizität und hoher Kosten immer individuell abgewogen werden muss, sieht Greinix die präemptive Therapie bei klaren Hinweisen auf ein hohes Risiko einer IFI indiziert, d. h. bei positivem Galaktomannantest, spezifischen Hinweisen in der Computertomografie und Belegen für eine invasive Mykose in der bronchoalveolären Lavage.
In der Erstlinientherapie der gesicherten IFI gilt Voriconazol als Standard. Rezidive sind jedoch nicht selten. Refraktäre Aspergillosen sprechen signifikant besser auf Posaconazol an als auf andere antifungale Zweitlinientherapien [4]. Das führt im Laufe eines Jahres auch zu einem signifikanten Überlebensvorteil von absolut 16 % – ein Grund, warum die Zweitlinientherapie mit Posaconazol in den neuen Leitlinien zur Therapie invasiver Pilzinfektionen der AGIOH mit einer AII-Evidenz bewertet wird [5].
Kaum Resistenzgefahr
Befürchtungen aufgrund von Resistenzen bei Pilzen wegen eines breiteren Einsatzes von systemischen Antimykotika trat der Mikrobiologe Prof. Herbert Hof, Heidelberg, entgegen. Primäre wie sekundäre Resistenzen seien bei Pilzen selten und würden meist Stämme selektieren, die unter normalem Selektionsdruck unterlegen sind. Da bei Pilzen plasmidgestützte Transfektionen wie bei Bakterien nicht vorkommen, ist zudem mit einer ähnlich starken und raschen Ausbreitung von Resistenzen bei Pilzen nicht zu rechnen. Spontane Mutationen sind zwar denkbar, aber bei Posaconazol müssten sie die Zielstruktur gleich an zwei Stellen verändern, da die Substanz zwei Bindungsstellen zur Zielstruktur aufweist. Als Resistenzmechanismus ist auch eine Veränderung von Effluxpumpen möglich, die bei Überexpression eine Resistenz erzeugen könnten. Die relevanten Pumpen nutzen aber Posaconazol kaum oder gar nicht als Substrat.
Pharmakoökonomische Bewertung positiv
Den Einsatz innovativer Therapiestrategien in der Praxis bestimmen zunehmend auch ökonomische Aspekte. Wie PD Dr. Ulrich Schuler, Dresden, errechnet hat, ist eine Posaconazolprophylaxe bei AML-Induktionstherapie nicht kostenneutral. Sie liegt aber mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit (85 %) innerhalb dessen, was derzeit von internationalen Organisationen wie dem britischen National Institute of Clinical Excellence (NICE) als akzeptabel bewertet wird (< 36.000 € pro Quality Adjusted Life Year, QALY). Das beurteilte Schuler im Vergleich mit anderen Innovationen und älteren Medikamenten als ausgesprochen vorteilhaft.