Darmkrebs mit KI besser behandeln
22.09.2023 - Schwarmlernen ermöglicht einen sicheren Austausch der Daten von Darmkrebspatienten.
Auf dem Venusberg-Campus des Universitätsklinikums Bonn (UKB) fand das Kick-Off Meeting zum Start des Krebshilfe Projektes DECADE – „Dezentralisierte künstliche Intelligenz für Diagnose, Prognose und Therapievorhersage bei Darmkrebs“ statt. Die Deutsche Krebshilfe fördert das Verbundprojekt mehrerer Universitätskliniken mit rund 1,5 Mio. Euro für drei Jahre. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) soll die Versorgung von Darmkrebspatienten sowie die Identifikation von erblichem Darmkrebs verbessert werden.
Darmkrebs ist eine häufig auftretende Krebserkrankung. In Deutschland erkranken jedes Jahr etwa 26.000 Frauen und 33.000 Männer erstmals an Darmkrebs. Das Lynch-Syndrom, die häufigste erbliche Ursache für Darmkrebs, ist bei ca. 300.000 Personen in Deutschland vorhanden. Allerdings sind nur 5-10 % dieser Betroffenen identifiziert, die von einer Vorsorge profitieren könnten. Wie bei allen Krebserkrankungen ist eine frühzeitige Diagnose und der rechtzeitige Beginn einer geeigneten Therapie entscheidend. Im neuen interdisziplinären Verbundprojekt DECADE forscht das UKB zusammen mit dem Else Kröner Fresenius Zentrum für Digitale Gesundheit, der TU Dresden, dem Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, dem Universitätsklinikum Heidelberg, der Universitätsmedizin Mainz und dem Universitätsklinikum Düsseldorf an einer weiteren Optimierung der Darmkrebsvorsorge mittels KI.
Datenschutzanforderungen erschweren Austausch
Für das Forschungsprojekt benötigen die Wissenschaftler sehr große Datenmengen von Patienten, die mithilfe von KI sekundenschnell analysiert und auf bestimmt Muster untersucht werden können. „Im Rahmen von DECADE ist es für uns essentiell, Daten unter den beteiligten Standorten auszutauschen um gute und valide Ergebnisse in der Forschung zu erzielen. Die Datenschutzanforderungen erschweren das, denn Daten dürfen nur am Erhebungsort verarbeitet werden. Schwarmlernen ermöglicht uns aber, dass sensible Daten sicher geschützt verarbeitet werden. So können wir auch erblichen Darmkrebs in Zukunft besser identifizieren und verstehen und die Prognose sowie spezialisierte Behandlungsansätze verbessern ohne die Datenschutzbestimmungen zu verletzen“, sagt Prof. Jacob Nattermann, stellvertretender Klinikdirektor der Medizinischen Klinik und Poliklinik I für Innere Medizin des UKB, der den klinischen Teil des Nationalen Zentrums für erbliche Tumorsyndrome und das Projekt am UKB gemeinsam mit Dr. Robert Hüneburg leitet.
Schwarmlernen ermöglicht Datensicherheit und Kooperation der Standorte
Beim Schwarmlernen handelt es sich um eine innovative KI-Methode, bei der die beteiligten Klinik-Standorte zunächst noch unabhängig voneinander ihre jeweiligen Befunde mithilfe von KI auswerten lassen können. In einem weiteren Schritt werden lediglich die daraus resultierenden Ergebnisse, die keine Rückschlüsse auf personenbezogene Patientendaten mehr ermöglichen, unter den Projektpartnern ausgetauscht und wiederum mittels KI analysiert. Anhand der Daten von über 5.000 Patienten konnten die Forschenden so bereits zeigen, dass die KI auf Basis von Gewebeproben das Überleben, das Risiko einer Metastasierung, das Ansprechen auf eine Behandlung und die Antwort des Immunsystems auf einen Darmtumor vorhersagen kann. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin „Nature Medicine“ veröffentlicht. Nun wollen die von der Deutschen Krebshilfe geförderten Wissenschaftler weitere klinische Einsatzmöglichkeiten dieser Technologie erforschen.
Verbesserte Situation für Betroffene
Nicola Reents, von Semi-Colon, dem Netzwerk für Menschen mit Lynch-Syndrom und erblichem Darmkrebs, das sich an dem Forschungsantrag beteiligt hat, zeigt sich optimistisch über die Aussicht auf die neuen, vielversprechenden Möglichkeiten der Früherkennung und Behandlung: „Heute wird das Lynch-Syndrom noch viel zu häufig übersehen. Der Schwarmlernen-Ansatz bietet hier eine riesige Chance: um das medizinische Verständnis zu erhöhen und so die gezielte Behandlung von Betroffenen zu verbessern.“
Zum Projekt:
Das Forschungsprojekt DECADE – Dezentralisierte künstliche Intelligenz für Diagnose, Prognose und Therapievorhersage bei Darmkrebs wird von der Deutschen Krebshilfe mit rund 1,5 Mio. Euro für drei Jahre (2023-2026) gefördert. Die Projektpartner sind die Universitätskliniken in Bonn, Mainz, Düsseldorf, Heidelberg und Dresden, mit dem Leiter des Verbunds Prof. Jakob Kather. Ziel des Forschungsprojekts ist es, die Behandlung von Darmkrebspatienten mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz und Schwarmlernen zu verbessern.
Partner:
• Universitätsklinikum Bonn, Medizinische Klinik und Poliklinik 1, Nationales Zentrum für erbliche Tumorsyndrome
• Universitätsklinikum Düsseldorf, Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie
• Else Kröner Fresenius Zentrum für Digitale Gesundheit, TU Dresden, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
• Universitätsklinikum Heidelberg, Pathologisches Institut, Abteilung für angewandte Tumorbiologie
• Universitätsmedizin Mainz, Institut für Pathologie