Auszeichnungen

„Das Leben ist voller Wunder – eins davon haben die Robert-Koch-Preisträger aufgedeckt“

21.11.2023 - Prof. Dr. Timothy Springer und Prof. Dr. Francisco Sánchez-Madrid sind am Freitag, 17. November, mit dem mit 120.000 Euro dotierten Robert-Koch-Preis ausgezeichnet worden.

Prof. Dr. Patrice Courvalin hat die Robert-Koch-Medaille in Gold für sein Lebenswerk erhalten. Dr. Prerna Arora, Dr. Florian Wimmers und Dr. Lisa Kirchhoff bekamen die diesjährigen Preise für Postdoktorand*innen. Die Verleihung der Auszeichnungen fand in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften statt.

„Wir ehren mit den Preisträgern auch in diesem Jahr hervorragende Wissenschaftler, die fundamentale Entdeckungen gemacht haben“, so Prof. Dr. Wolfgang Plischke, Vorsitzender der Robert-Koch-Stiftung. „Das Leben ist voller Wunder – eins davon haben Timothy Springer und Francisco Sánchez-Madrid aufgedeckt.“

Timothy Springer und Francisco Sánchez-Madrid haben gemeinsam und als erste die Bedeutung von Zelladhäsionsmolekülen für die Funktion von Immunzellen aufgezeigt, und mit monoklonalen Antikörpern gegen solche Moleküle neue Möglichkeiten der Behandlung von Immunerkrankungen geschaffen. „Das wichtigste heute Abend sind daher nicht die Preise“, so der Bundesgesundheitsminister und neuer Schirmherr der Robert-Koch-Stiftung

Prof. Dr. Karl Lauterbach. „Sondern dass Millionen von Menschen von den Errungenschaften dieser ausgezeichneten Wissenschaftler profitieren und ein beschwerdefreies Leben führen können.“ Außerdem sei die Wissenschaft das Fundament, mit dem alles beginne.

Lauterbach überreichte den Gewinnern ihre Auszeichnung und sagte: „Dieser Preis gewinnt immer mehr an internationaler Bedeutung – bereits 15 Mal war er schon eine Indikation für einen Nobelpreis. So auch jetzt.“ Mit Drew Weissman hat einer der Preisträger 2022 in diesem Jahr den Nobelpreis für Medizin und Physiologie bekommen.

Der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirates der Robert-Koch-Stiftung, Prof. Dr. Andreas Radbruch, hielt die Laudatio auf die beiden Preisträger. Er sagte über Timothy Springer und Francisco Sánchez-Madrid: „Ihre Entdeckung von Zellerkennungsmolekülen war die erste überhaupt, nicht nur in der Immunologie, sondern auch in der Zellbiologie. Das war eine Revolution! Sie veränderte die Sichtweise der wissenschaftlichen Gemeinschaft darauf, wie Zellen mit anderen Zellen interagieren.“

Francisco Sánchez-Madrid zeigte sich doppelt geehrt: „Was für eine besondere Ehre das ist, diesen Preis zu bekommen – und dann auch noch zusammen mit meinem Mentor und Freund Tim Springer.“ Ein Lob, das Springer direkt an ihn zurück gab. Der US-Amerikaner dankte – wie alle Preisträger*innen – ausdrücklich seinem Team, seiner Frau und seiner Familie.

„Wir arbeiten seit so vielen Jahren zusammen in einem Labor und lieben uns immer noch“, lächelte Prof. Dr. Patrice Courvalin, als er seiner Frau dankte. Mit ihm hat einer der weltweit renommiertesten Forscher auf dem Gebiet der Antibiotikaresistenz die Robert-Koch-Medaille in Gold für sein Lebenswerk erhalten.

In der Laudatio auf ihren Doktorvater sagte die Direktorin der Max-Planck-Forschungsstelle für die Wissenschaft der Pathogene und Chemie-Nobelpreisträgerin 2020, Emmanuelle Charpentier, über ihn: „Patrice Courvalin hat sein Leben dem molekularen Verständnis der Resistenz von Bakterien gegen eine Vielzahl von Antibiotika gewidmet und sich dabei auf bakterielle Krankheitserreger konzentriert, die beim Menschen Krankheiten verursachen. Zu den größten Beiträgen, die er und sein Team geleistet haben, gehören die bahnbrechende Entdeckung und Charakterisierung von Antibiotikaresistenz-Plasmiden in grampositiven bakteriellen Krankheitserregern sowie die umfassende Analyse von Resistenzmechanismen, die verschiedene Stellen auf Aminoglykosid-Antibiotika verändern.“

Dass der wissenschaftliche Nachwuchs in jedem Jahr ebenfalls eine besondere Auszeichnung erhält, nannten alle Laudatoren als Grund zur Freude. Lauterbach: „Welche Leistungen so junge Wissenschaftler bereits schaffen, welche Ideen sie haben, das finde ich fantastisch.“ Schon während der Eröffnung der Feier hatte Wolfgang Plischke den jungen Wissenschaftler*innen seine „Hochachtung für die außerordentlichen Leistungen“ ausgesprochen.

Dr. Prerna Arora, Dr. Florian Wimmers und Dr. Lisa Kirchhoff bekamen als „die besten der Besten“ (Radbruch) die Postdoktorand*innen-Preise 2023 für Virologie, Immunologie beziehungsweise Mikrobiologie.

Am Vortag hatten sowohl die Robert-Koch-Preisträger Springer und Sánchez-Madrid als auch Courvalin in der Charité Vorträge über ihre Arbeit gehalten. Der Spanier sprach über „Interzelluläre Kommunikation bei der Immunreaktion: Übertragung von genetischer Information während der Synapse“, sein US-Kollege sehr unterhaltsam über „Die Seele der Integrin-Maschine“ und der Franzose referierte zu der „Evolution der Glykopeptid-Resistenz“.

Die Preisträger des Robert-Koch-Preises 2023:

Timothy Alan Springer ist ein US-amerikanischer Immunologe und Professor an der Harvard University, Boston, Massachusetts, USA. Er stammt aus Fort Benning, Georgia, und studierte in Berkeley an der University of California Biochemie, bevor er 1976 in Harvard promovierte. Seit 1977 ist er Professor an der Harvard Medical School. Zusammen mit Francisco Sánchez-Madrid entdeckte er die Integrine, Proteine die Zellen miteinander verbinden und die für die Funktion dieser Zellen von entscheidender Bedeutung sind, so für das Einwandern von Zellen aus dem Blut in das Gewebe, wie er erstmals zeigen konnte. Von ihnen entwickelte monoklonale Antikörper gegen bestimmte Integrine erwiesen sich als wirksam gegen chronische Entzündungen. So bei Multipler Sklerose und bei entzündlichen Darmerkrankungen. Heute gilt sein Interesse der Frage, wie Integrine und andere Adhäsionsmoleküle für die Bindung aktiviert werden, und wie auf dieses Weise eine „Synapse“ zwischen zwei Zellen entsteht.

Francisco Sánchez-Madrid ist ein spanischer Immunologe. Er promovierte 1980 an der Universidad Autónoma de Madrid. Danach arbeitete er für einige Jahre an der Abteilung für Pathologie der Harvard Medical School in Boston, Massachusetts, USA. Gemeinsam mit Timothy Springer identifizierte er Integrine, die die Adhäsion, Polarität und Aktivierung von Leukozyten steuern und trug so entscheidend zu der Entwicklung von Therapien für Multiple

Sklerose und Morbus Crohn bei. Seit 1990 ist er Professor für Immunologie an der Universidad Autónoma de Madrid. Seine weiteren Forschungsarbeiten haben entscheidend zum Verständnis der Funktion der immunologischen Synapsen beigetragen, also der Strukturen, mit denen Immunzellen untereinander oder mit anderen Zellen kommunizieren.

Diese Arbeiten sind von grundlegender Bedeutung für das Verständnis des Immunsystems und seiner Reaktionen. Timothy Springer und Francisco Sánchez-Madrid werden gemeinsam mit dem mit 120.000 Euro dotierten Robert-Koch-Preis 2023 ausgezeichnet.

Robert-Koch-Medaille in Gold

Patrice Courvalin wird mit der Robert-Koch-Medaille in Gold ausgezeichnet. Er ist emeritierter Leiter der Abteilung für antibakterielle Wirkstoffe und Professor am Institut Pasteur in Paris. Sein Lebenswerk ist ein molekulares Verständnis einer Vielzahl von Resistenzen gegen Antibiotika bei Bakterien. Er konnte zeigen, dass und wie Bakterien untereinander Resistenzgene austauschen können, und wie sich so Resistenzen sehr schnell verbreiten, dass Bakterien Resistenzgene sogar von Antibiotikaproduzenten übernehmen können, die sich dadurch eigentlich selber schützen, und dass sie Resistenzgene selber auch an andere Organismen weitergeben können. Diese Erkenntnisse waren und sind von großer praktischer Bedeutung für die Entwicklung und den Einsatz von Antibiotika in der Praxis. Die Laudatio auf ihn hielt die Nobelpreisträgerin Professor Emmanuelle Charpentier.

Kontakt

Robert-Koch-Stiftung e.V.

Müllerstraße 178
13342 Berlin
Deutschland

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