Aus den Kliniken

EKG-Kurs im Home-Office

12.06.2020 -

Mit großem Engagement erarbeiten die Lehrenden am Universitätsklinikums Jena digitale Angebote für ein besonderes Semester.

Wie alle Studierenden an Universitäten und Hochschulen lernen die über 2.500 Studierenden an der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena derzeit überwiegend in Online-Vorlesungen und Webinaren. „Ohne Raumangabe“ steht lapidar dort, wo sonst Hörsaal oder Kursraum vermerkt ist, im Lehrorganisationsportal DOSIS der Medizinischen Fakultät. Denn Vorlesungen, Seminare und Kurse müssen in diesem besonderen Semester online stattfinden, die Studierenden lernen zu Hause. „Sie sitzen dabei auch mal im Bett oder es läuft ein Hund durchs Bild“, erzählt Prof. Dr. Heidrun Rhode von ihrem Biochemie-Seminar, das sie als Web-Konferenz mit kleinen Diskussionsgruppen in „Break-Out-Sessions“ abgehalten hat, um den Studierenden die Möglichkeit zum selbständigen problemorientierten Lernen zu bieten.

Wie alle Hochschullehrenden standen die Lehrverantwortlichen am Universitätsklinikum vor der Aufgabe, ihre Lehre in kürzester Zeit auf digitale Angebote umzustellen. „Und das ist bei weitem nicht damit getan, die Vorlesungsfolien auf einen Server zu laden“, so Prof. Dr. Cord Spreckelsen. Der Medizininformatiker, der zudem einen Masterabschluss in Medizindidaktik hat, leitet die eigens eingerichtete Arbeitsgruppe Digitale Lehre. In ihr bieten Studiendekanat, IT-Abteilung und Medienzentrum des UKJ ihre Unterstützung an: Für das Konzipieren von Online-Seminaren, die Aufzeichnung von Vorlesungen oder das Drehen von Lehrvideos. „Natürlich standen schnell technische Probleme im Vordergrund – wichtiger aber als die Raffinesse des Lernmaterials ist eine Anleitung, wie es zu verwenden und wo Feedback zu bekommen ist, sowie klare Lernziele“, betont Spreckelsen.

Studierende als Digital-Scouts

Ein ganz praktisches Hilfsangebot der Arbeitsgruppe sind die studentischen Scouts für digitale Lehre. Acht Studierende sind als Hilfskräfte eingestellt und für ihre Professorinnen und Dozenten an einer Hotline zu erreichen, wenn diese Unterstützung beim Konvertieren von Dateiformaten oder beim Hochladen des Materials benötigen. Völlig zu decken war der schlagartige Unterstützungsbedarf zunächst jedoch nicht. Prof. Dr. Marcus Franz, Lehrkoordinator der Klinik für Innere Medizin I, zählt die Herausforderungen auf: „Vielen Dozenten waren digitale Lehrformate völlig neu, ihre Kenntnisse im Umgang mit web-basierter Kommunikationstechnik sehr unterschiedlich und die Geräteausstattung unzureichend. Oft wurde private Technik eingesetzt, zum Teil neu angeschafft.“

Woran es nicht mangelt, sind Engagement und Improvisationstalent – damit hat es das Kardiolehrteam geschafft, das Lehrmaterial sogar zum ursprünglichen Semesterbeginn Mitte April zur Verfügung zu stellen! Das Beispiel der Kardiologie macht auch eine Besonderheit der medizinischen Lehre deutlich: Es gibt zahlreiche kleinteilige Lehrveranstaltungen mit vielen Mitwirkenden, die in diesem Semester auch in Web-Meetings vorbereitet werden mussten. Allein 26 kardiologische Fallseminare wurden von zehn Ärztinnen und Ärzten geleitet. Das Feedback der Studierenden belohnt die Kardiologen mit dem Superlativ „als die Fachabteilung, die die Lehre ohne Präsenzveranstaltungen in diesem ungewöhnlichen Semester bisher am besten umgesetzt hat“.

Um den Umzug vom Hörsaal ins Netz zu realisieren, hat das UKJ in Hard- und Software aufgerüstet: Weitere konferenzfähige Laptops wurden angeschafft, ein eigener Videokanal eingerichtet, und gemeinsam mit der Universität erwarb das Klinikum für die Lehre eine Zoom-Lizenz. Mehr als 200 Lehrende verfügen darin über einen eigenen Account als Moderator, über 300 Vorlesungen sind inzwischen online verfügbar. In einigen Fächern konnte auch auf schon vorhandene digitale Angebote zurückgegriffen werden. So ersetzt der virtuelle Histokasten in diesem Sommersemester die Kurse der mikroskopischen Anatomie. Die Software wurde als Selbstlerntool für den anatomischen Unterricht entwickelt und enthält die Daten von über 600 mikroskopischen Präparaten und Schnittbildern. „Diese haben wir um interaktive Lerntexte ergänzt, wir führen die Kurstage des Sommersemesters als Histokasten-Präsentationen durch und werden auch Probetestate damit ermöglichen“, sagt Prof. Dr. Andreas Gebert, der Leiter des Histokasten-Teams.

Ein besonderes Semester – kein verlorenes

Prof. Dr. Orlando Guntinas-Lichius, der Studiendekan der Medizinischen Fakultät, ist von der Art und dem Umfang des in so kurzer Zeit realisierten digitalen Lehrangebots beeindruckt: „Auch wenn längst nicht alles klappt – vor zehn Wochen hätte niemand gedacht, dass wir ein solches Semester auf die Beine stellen. Allen Beteiligten gebührt ein riesiges Dankeschön!“ Das kommt auch in den meisten Rückmeldungen der Studierenden zum Ausdruck.

Nicht alle Lehrveranstaltungen finden im Home-Office statt. Für Unterricht am Patientenbett und für Simulatorkurse in der Zahnmedizin oder im studentischen Ausbildungszentrum SkillsLab wurden in Abstimmung mit der Klinikhygiene strenge Infektionsschutzkonzepte entwickelt, damit die Studierenden in kleinen Gruppen wichtige praktische Fähigkeiten lernen und üben können, ohne sich und andere zu gefährden. Unter besonderen Schutzvorkehrungen werden auch die Laborpraktika in den Masterstudiengängen der Fakultät durchgeführt.

Inzwischen weist die Raumangabe im DOSIS wieder vermehrt Eintragungen auf – für die Klausurtermine. Dann sind gleich mehrere Hörsäle zeitgleich reserviert, um die schriftlichen Prüfungen rechts- und ansteckungssicher durchführen zu können. „Das bedeutet zwar nochmal einen großen organisatorischen und personellen Mehraufwand, doch so können wir den Studierenden den Abschluss der jeweiligen Fächer mit dem geforderten Leistungsnachweis ermöglichen“, betont Guntinas-Lichius. Damit das besondere Semester kein verlorenes wird.

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