Labor & Diagnostik

Grüner und intelligenter: Positive Pandemie-Nachwehen in der Laborbranche

07.03.2024 - Viele Labore erwarten in 2024 nicht nur Wachstum und einen steigenden Materialbedarf, sondern weiterhin Personalengpässe und steigende Preise für Verbrauchsmaterialien.

Trotz dieser Herausforderungen blicken sie optimistisch in die Zukunft. Das Thema Nachhaltigkeit gewinnt weiter an Bedeutung, Künstliche Intelligenz (KI) sieht die Mehrheit als Chance. Das zeigt das neueste Stimmungsbarometer der Starlab International GmbH aus Hamburg, an dem mehr als 350 Wissenschaftler und Forscher aus Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Italien, Frankreich und Österreich teilgenommen haben. Viele Labore in Deutschland haben Corona nicht nur erfolgreich hinter sich gelassen, sondern gehen gestärkt aus der Pandemie hervor. 

„Nachhaltigkeit und KI haben das Potenzial zum Game Changer – sowohl für die Menschen als auch für die Umwelt. Es klingt paradox: Aber in Laboren wird die maschinelle Intelligenz den Menschen in den Fokus rücken. Die Auswirkungen für Gesellschaft und Gesundheit können enorm sein. Die Studie zeigt, dass die Wissenschaft dies längst erkannt hat. Wichtig ist, dass jetzt die politischen Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit Europa nicht den Anschluss verliert“, sagt Klaus Ambos, CEO bei Starlab International.

Die Life Science Branche ist für den Schritt in die Zukunft zumindest materiell wieder gut gewappnet. Laut der Erhebung geben erstmals 67 % der befragten Wissenschaftler an, ausreichend mit Liquid Handling-Produkten versorgt zu sein und nicht unter Lieferverzögerungen zu leiden – der beste Wert seit 2020 (57 %).

Versorgungssicherheit hergestellt

„Die Labore haben erkannt, dass die Hersteller ihre Hausaufgaben gemacht haben und wieder sicher liefern können. Das Vertrauen in die Lieferfähigkeit ist zurück. Labore bestellen was sie brauchen, anstatt auf Verdacht“, sagt Klaus Ambos. Auch sein Unternehmen und wichtige Zulieferbetriebe hatten im Zuge von Lieferengpässen reagiert und die Produktion teilweise aus dem Ausland nach Deutschland verlagert. Laut Stimmungsbarometer resultiert die neue Versorgungssicherheit aus neugeschaffenen Kapazitäten und nicht aus einem Nachfragerückgang. Nur jede zehnte Einrichtung gibt an, dass der eigene Materialverbrauch 2023 zurückgegangen ist. 61 % benötigen so viel Material wie im Vorjahr, 28 % hingegen mehr. Für 2024 prognostizieren 68 % einen gleichbleibenden Bedarf und 27 % nochmals einen größeren Materialhunger, während nur 5 % weniger Material benötigen. 

Problemfelder Preise und Personal

Angelehnt an die neue Ausgangslage bewerten Labore die Herausforderungen für 2024 anders als in den Vorjahren. Die Angst vor Personalengpässen ist für 42 % mittlerweile die größte Herausforderung in Deutschland, gefolgt von der Sorge vor steigenden Preisen beim Verbrauchsmaterial (39 %). In den Vorjahren waren vor allem Versorgungsengpässe bestimmend. Das Thema Überarbeitung rangiert mit 6 % auf ähnlichem Niveau wie in den vergangenen Jahren. „Zwar haben sich die Frachtraten wieder eingependelt, allerdings sind wir weiter mit hohen nachlaufenden Kosten konfrontiert“, sagt Ambos mit Blick auf Stromkosten und inflationsbedingte Faktoren.

Nachhaltiges Bestellverhalten

Trotz oder gerade wegen der Herausforderungen aus Preisdynamik und Personalmangel öffnen sich die Labore für die beiden Thementrends Nachhaltigkeit und künstliche Intelligenz. 9 von 10 Laboren  sind laut Starlab-Erhebung der Meinung, dass Nachhaltigkeit immer wichtiger für Labore wird. 95 % reduzieren deswegen schon heute Abfall wo möglich, 92 % sparen bewusst Energie und 75 % bestellen größere Gebindegrößen, um Transportemissionen und Verpackungsmüll zu reduzieren. Mehr als jedes dritte Labor bildet sich zudem regelmäßig zu Umweltthemen fort (72 %) oder bestellt nachhaltig produzierte oder wiederverwendbare Produkte. Klaus Ambos: „In der Laborbranche hat innerhalb einer Dekade ein Paradigmenwechsel stattgefunden. Über Jahre haben Einwegprodukte dominiert und mit Blick auf Messgenauigkeit schien es vielen unmöglich, dass jemals Recyclingmaterial Einzug hält. Das ist heute anders. Die Laborpraxis wird immer nachhaltiger.“

KI unterstützt bereits

Nachhaltigkeit im Labor ist damit im Jahr 2024 über die Haltungs- und Machbarkeitsfrage zum Wettbewerbsfaktor avanciert. „Je mehr Einrichtungen und Unternehmen Klimaneutralität anstreben, desto mehr müssen sich zuliefernde Labore darauf einstellen, ihren ökologischen Fußabdruck zu verbessern“, erklärt Ambos. Nach Worten des Starlab CEOs spielt neben der Ökologie die Künstliche Intelligenz ebenfalls eine Schlüsselrolle, was Labore erkannt haben.

63 % der 306 Befragten glauben, dass KI in Laboren an Relevanz gewinnt. Die Branche ist aufgeschlossen. 67 % betrachten KI als Chance und nur 33 % als Risiko. Aus den Zahlen lässt sich die Weitsicht der Wissenschaftler lesen, durch digitale Hilfe dem Problem des Fachkräftemangels zu begegnen. Für Labore sind digital lernende Mitarbeiter nicht mehr wegzudenken. Für 12 % der Umfrageteilnehmer (9 % der deutschen Befragten) hat maschinelle Intelligenz den Laboralltag bereits maßgeblich verändert, 21 % (in Deutschland 13 %) meinen, dass die KI jetzt bereits Einzug hält. Eine Mehrheit von 45 % (in Deutschland 55 %) erwartet, dass KI in den nächsten fünf Jahren die Arbeit im Labor maßgeblich verändern wird.

Anders als in vielen Branchen kann KI in Laboren einen tatsächlichen Beitrag für die Menschheit leisten. Zwar versprechen sich 81 % mehr Effizienz und 63 % Kosteneinsparungen. Der eigentliche Schub ergibt sich jedoch, weil KI die Arbeit an sich verändert. „Es geht nicht nur um digitale Annehmlichkeiten, Komfort oder Erleichterungen durch KI. Lebenswissenschaftler wollen das Leben verbessern. KI eröffnet eine neue Dimension beim Forschungstempo und den Möglichkeiten, Krankheiten zu erkennen und Menschen zu heilen. Selbstlernende Anwendungen unterstützen gleichermaßen einfache als auch komplexe Prozesse“, sagt Ambos. Dadurch ergeben sich völlig neue Synergien und für die Wissenschaft wichtige Freiräume. Ambos: „Künstliche Intelligenz stellt den Menschen in den Mittelpunkt. KI ist ein Nährboden für Sinn, Haltung und Leidenschaft in Laboren.“ 

Große Sorge vor Datenschutz

Die Labormitarbeiter und Wissenschaftler wissen gleichzeitig um die Grenzen. Am meisten sorgen sich die Befragten um fehlende juristische Regelungen (69 %), gefolgt von Datenschutzbedenken und mangelnder Transparenz (je 68 %). Auch ethische Bedenken, ein befürchteter Kreativitätsverlust oder mangelnde Nachvollziehbarkeit ängstigen die Mehrheit der Befragten. Dass KI-Anwendungen demnächst den Laborjob übernehmen, befürchtet nur eine Minderheit.

 

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