Aus den Kliniken

Hepatitis E besser bekämpfen

13.03.2025 - Neutralisierende Antikörper können schwere Verläufe verhindern

Infektionen mit dem Hepatitis-E-Virus (HEV) bleiben oft unbemerkt, weil sie keine Symptome verursachen. Für Menschen mit geschwächtem Immunsystem oder Lebervorschädigung und auch für Schwangere kann das Virus jedoch zu schweren, potenziell lebensbedrohlichen Leberentzündungen führen. Trotz bestehender Therapieansätze gibt es bislang keine zugelassenen spezifischen Behandlungsmöglichkeiten. Forscher des TWINCORE, Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung in Hannover und der Universität zu Lübeck haben nun neutralisierende Antikörper identifiziert, die therapeutisch eingesetzt werden könnten, um schwere Verläufe zu verhindern. Ihre Ergebnisse haben sie in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt, dass sich jährlich weltweit etwa 20 Mio. Menschen mit HEV anstecken. Die meisten Fälle verlaufen asymptomatisch, doch bei etwa 3,3 Mio. Infizierten entwickelt sich eine symptomatische Erkrankung, die in schweren Fällen zu Fibrose oder Leberzirrhose führen kann. Laut WHO starben allein im Jahr 2015 weltweit rund 44.000 Menschen an den Folgen der Infektion. In Deutschland infizieren sich jährlich schätzungsweise 400.000 Menschen, für einige Risikogruppen wie Organtransplantierte oder Lebergeschädigte besteht dabei eine erhöhte Gefahr eines schweren Krankheitsverlaufs.

Suche nach neuen Therapieoptionen

„Auf der Suche nach neuen Therapieoptionen haben wir untersucht, welche Antikörper gegen das Hepatitis-E-Virus bei Menschen gebildet werden, die die Infektion überstanden haben“, sagt Dr. Patrick Behrendt, Leiter der Klinischen Nachwuchsgruppe „Translationale Virologie“ am TWINCORE und Oberarzt an der Klinik für Gastroenterologie der Medizinischen Hochschule Hannover. Dazu isolierten sie aus dem Blut der geheilten Patienten Gedächtnis-B-Zellen. Das sind Immunzellen, die Antikörper produzieren. „Bei der genaueren Charakterisierung stellten wir zunächst fest, dass sich viele der Antikörper gegen das HEV-Kapsid richteten.“ Dieses Protein ist ein Baustein des Virus, der in infektiösen Partikeln die Erbinformation umhüllt. Es kommt aber auch als lösliches Protein frei im Blut von Patienten vor. „Damit lenkt HEV die Immunreaktion gewissermaßen von den infektiösen Viruspartikeln ab und kann so der Immunabwehr entkommen“, sagt Behrendt.

Dieses lösliche Kapsid-Protein unterscheidet sich von dem in infektiösen Viruspartikeln verbauten Protein durch eine bestimmte Veränderung, die sich potentiell für neue Therapieansätze nutzen lässt. „Wir haben uns dann auf die Antikörper, die spezifisch infektiöse Partikel erkennen, konzentriert“, sagt Dr. Katja Dinkelborg, forschende Ärztin in Behrendts Arbeitsgruppe und eine Erstautorin der Publikation.

Bindung der Antikörper an das Virus

Die exakte Struktur und Wirkweise dieser Antikörper konnten Forschende der Universität zu Lübeck entschlüsseln. Das Team um Prof. Thomas Krey vom Institut für Biochemie untersuchte die Antikörper genauer und konnte zeigen, wie sie das Virus binden und neutralisieren. „Antikörper gegen infektiöse Partikel binden anders als Antikörper, die auch das lösliche Kapsidprotein erkennen“, sagt Dr. George Ssebyatika, der andere Erstautor der Studie aus Kreys Arbeitsgruppe. „Mit Hilfe hochauflösender Röntgenstrukturanalysen konnten wir erstmals die präzise Bindung der Antikörper an das Virus sichtbar machen.“ Thomas Krey ergänzt: „Unsere Erkenntnisse zeigen, dass gezielt entwickelte Antikörper ein vielversprechender Ansatz sind, um Hepatitis-E-Infektionen besser zu behandeln.“

Behrendt und Krey wollen die neutralisierenden Antikörper mit antiviraler Wirkung nun weiterentwickeln, um sie für den klinischen Einsatz zu optimieren. Dafür erhalten sie weitere Fördermittel vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF), das auch die bisherigen Arbeiten unterstützt hat. Zudem wurde die Studie vom Niedersächsischen Exzellenzcluster RESIST und der VolkswagenStiftung gefördert.

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