Hybrid-OP in der Gefäßchirurgie verbessert Sicherheit von Patienten und Mitarbeitenden
16.04.2024 - Ende April wurde der hochmoderne Hybrid-Operationssaal im Ev. Diakonissenkrankenhaus Leipzig feierlich eingeweiht.
Jetzt zieht der Ärztliche Direktor Dr. Olaf Richter eine erste, rundum positive Bilanz. Er leitet als Chefarzt die Klinik für Gefäßmedizin und sieht durch die erfolgte Realisierung des zukunftsweisenden Projekts bereits nach kurzer Zeit deutliche Verbesserungen – sowohl in der Patientenversorgung als auch in den Arbeitsbedingungen für das Personal.
„Da im neuen operativen Umfeld die Strahlenbelastung wesentlich geringer ausfällt und sich in der Regel auch die OP-Zeiten verkürzen lassen, können wir jetzt Operationen noch schonender durchführen. Zudem stehen uns während des Eingriffs die Ergebnisse von Voruntersuchungen in Echtzeit zur Verfügung, was die Patientensicherheit ebenfalls optimiert“, stellt Dr. Olaf Richter fest. „Vom besseren Schutz vor Strahlen und kürzeren Operationen profitieren natürlich auch unsere Mitarbeitenden.“
Vor allem Operationen an der Brust- und Bauchschlagader werden im neuen Hybrid-OP durchgeführt. Dabei werden Stentgrafts eingesetzt, die sich bei komplizierten Fällen auch individuell anfertigen lassen. Weitere enge Stellen, beispielsweise in Beinschlagadern, können während des Eingriffs gleich mitversorgt werden – auch das reduziert die Belastung für die Patient*innen.
Die Vorteile des Hybrid-OPs
In unmittelbarer Nähe zum multifunktionalen Operationstisch wurden bildgebende Anlagen installiert. Herzstück ist die digitale Angiographie-Anlage mit vergrößertem C-Bogen. Dieser ist besonders beweglich und flexibel, so dass sich hochauflösende dreidimensionale Aufnahmen des gesamten Körpers erstellen lassen. Daher können neben offen-chirurgischen Eingriffen zeitgleich oder unabhängig voneinander auch interventionelle Techniken angewendet werden. Die Gefäßchirurgen arbeiten dabei besonders eng mit Angiologen oder Radiologen zusammen.
Die Bildqualität des hochmodernen Highend-Geräts ist um ein Vielfaches besser als die der bisher eingesetzten kleinen fahrbaren Röntgengeräte. Zugleich ist ein maximaler Strahlenschutz installiert, unter anderem in Form von Schutzplatten zwischen Gerät und OP-Team. Dabei werden auch die Beine besser geschützt als bei herkömmlichen Verfahren. Eine Live-Dosimetrie visualisiert zudem die Strahlenbelastung jedes einzelnen Mitarbeitenden in Echtzeit und erhöht damit die Achtsamkeit während der OP. So muss nicht jede Pflegekraft während des gesamten Zeitraums direkt am Tisch stehen, sondern kann bei besonders strahlungsintensiven Teilschritten durch das Zurücktreten bewusst die persönliche Strahlenbelastung reduzieren.
Die Technik des neuen Geräts ist komplex. Und so ist auch der Umgang damit eine Herausforderung für das Ärzte- und Pflegeteam. Zur Vorbereitung wurden in Leipzig intensive Schulungen durchgeführt, eine OP-Trainingswoche sorgte für zusätzliche Sicherheit. Auch künftig sind begleitende Trainings geplant.
Der hohe Aufwand lohnt sich dennoch in jeder Hinsicht. Patient*innen, die im zertifizierten Gefäßzentrum des Diako versorgt werden, haben häufig schwere Begleitkrankheiten und müssen daher besonders schonend versorgt werden - zumal die Einrichtung auch ein Zentrum für Dialyseshunt-Eingriffe ist. Neben der geringeren Strahlenbelastung lässt sich jetzt auch das potenziell nierenschädigende Kontrastmittel reduzieren. Chirurgen können beim neuen Verfahren zudem während der OP auf die im Vorfeld erstellten Bilder zugreifen und diese virtuell nutzen. Durch die kürzeren Eingriffe wird auch die Narkosezeit verringert – eine weitere Entlastung für die Operierten. Zum Abschluss können die Chirurgen zudem sofort noch eine CT-Aufnahme anfertigen, um direkt die Lage vom Stentgraft zu kontrollieren.
Auch die Größe des neuen Saals von fast 100 Quadratmetern ist ein Vorteil. Alle Materialien, die in den Körper eingebracht werden, müssen über einen Führungsdraht vorgeschoben werden. Dieser Draht als Leitschiene ist bis zu ca. vier Meter lang, sämtliche Stents, Stentgrafts oder Ballonkatheter werden so in den Körper eingebracht. Das lässt sich in einem großen Raum als OP-Saal einfach sicherer durchführen. An der Planung und Einrichtung des Saals waren Chefarzt Dr. Olaf Richter und sein Team maßgeblich beteiligt. Neben Funktionalität und Ausstattung mit modernster Technologie lag ihnen dabei auch die optische Gestaltung am Herzen. Schließlich ist eine solche Operation für die Patienten nahezu immer mit Ängsten verbunden. Details wie ein freier Blick ins Grüne und ein großformatiges Bild mit Küstenansicht sollen daher eine entspannte Wohnzimmeratmosphäre erzeugen. „Patienten sollen bei uns in einen anheimelnden Raum kommen, in dem sie sich wohlfühlen“, so Dr. Richter. „Das gilt natürlich auch für unsere Mitarbeitenden, die sich hier zudem optimal weiterentwickeln können.“