Hygiene

Innovatives KI-basiertes Kamerasystem für die Aufbereitung von Medizinprodukten

17.01.2024 - Ein Forschungsteam am Fraunhofer IPK entwickelt ein KI-basiertes Kamerasystem, das markerlos OP-Instrumente erkennen und nachverfolgen kann. Die Technologie soll die Sterilgutlogistik in Krankenhäusern und Kliniken optimieren. Nun wird der Forschungstransfer mit über 1 Million Euro durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert.

Der Fachkräftemangel im Gesundheitswesen betrifft nicht nur das medizinische Personal, sondern auch viele Dienstleistungskräfte, die den reibungslosen Betrieb von Kliniken und Krankenhäusern gewährleisten. Besonders hoch ist der Bedarf an qualifiziertem Personal in den sogenannten Aufbereitungseinheiten für Medizinprodukte, kurz AEMP. Hier werden für jede Operation vorab die benötigten Instrumente von Hand gereinigt, sortiert, verpackt und sterilisiert. Allein an der Charité werden jährlich rund 14 Millionen OP-Bestecke unter strengsten Hygiene- und Qualitätsstandards aufbereitet. In den meisten AEMPs gilt eine Null-Fehler-Politik, denn Probleme, die hier auftreten, haben direkte Auswirkungen auf die Behandlung von Patientinnen und Patienten. Das Personal an den Packplätzen muss deshalb sicherstellen, dass alle für eine OP benötigten Instrumente vollzählig in den sogenannten OP-Sieben enthalten sind. Keine einfache Aufgabe bei bis zu 160 Skalpellen, Scheren, Klammern und anderen Instrumenten, die möglichst effizient in ein solches Sieb gepackt werden müssen.

Ein auf neuesten KI-Technologien basierendes Kamerasystem soll die Mitarbeitenden dabei zukünftig unterstützen: Es heißt Cir.Log und wird derzeit von Forschern des Fraunhofer IPK entwickelt. Die Kamera soll OP-Instrumente mithilfe von Algorithmen des maschinellen Lernens erkennen und verfolgen, und das markerlos, nur anhand ihres Aussehens. Sie soll zuverlässig unterschiedliche OP-Bestecke lokalisieren und prüfen, welche Instrumente tatsächlich in ein Sieb gepackt wurden, welche noch fehlen und auch Instrumente identifizieren, die nicht zum Sieb gehören. Cir.Log wird damit quasi wie ein Barcodescanner arbeiten, nur ohne Barcode. Teures und zeitintensives Aufbringen von Barcodes, Datamatrix-Codes oder RFID-Chips, wie es derzeit für das Tracking von OP-Instrumenten üblich ist, wird überflüssig. Aufgrund seines kompakten Designs ist das Kamerasystem platzsparend an handelsüblichen Packtischen einsetzbar und kann in jeder AEMP einfach installiert oder nachgerüstet werden.

„Wir sind überzeugt davon, dass unsere Lösung einen großen Mehrwert für Krankenhäuser und Kliniken bietet, weil sie nicht nur Zeit und Kosten spart, sondern auch die Prozesssicherheit verbessert,« sagt Jan Lehr, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer IPK. Cir.Log erleichtere die Einarbeitung neuer Mitarbeitender und ermögliche Institutsleitung auf Anhieb deutlich schnellere Packzeiten, insbesondere auch für ungelerntes oder neues Personal. »Wir schätzen, dass erfahrene Mitarbeitende mit Cir.Log 30 Prozent effektiver arbeiten können. Die Einarbeitungszeit für neues Personal verringert sich um 65 Prozent,« so Lehr. Das Kamerasystem liefert außerdem eine digitale Dokumentation zu jedem Packprozess und trägt so zur Qualitätssicherung in den AEMPs bei. Nicht zuletzt erhöht es auch die Sicherheit für Patientinnen und Patienten: Aufgrund des kontrollierten und dokumentierten Packprozesses der OP-Siebe werden fehlende oder falsche Instrumente, welche sonst erst während einer Operation auffallen würden, vermieden. Dadurch können Operationen wie geplant durchgeführt und OP-Pläne eingehalten werden.

Prototypen von Cir.Log sind bereits u. a. am Charité Campus Benjamin Franklin in Berlin im Einsatz. Ziel des Forscherteams am Fraunhofer IPK ist es, das Kamerasystem bis zur Marktreife weiterzuentwickeln und anschließend in einem Spin-off des Instituts zu vertreiben. Dafür arbeiten sie aktuell im Rahmen des EXIST-Forschungstransfers des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) an einem Businessplan und bereiten die Unternehmensgründung vor. Das BMWK fördert das Vorhaben mit rund 1 Million Euro.

Kontakt

Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK

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