Aus den Kliniken

OncoRay-Gebäude feierlich eingeweiht

19.09.2013 -

Mit dem symbolischen Einschalten des Protonenbeschleunigers (Zyklotron) weihen die Bundesforschungsministerin Prof. Johanna Wanka und der Sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich gemeinsam das neue Domizil des „Nationalen Zentrums für Strahlenforschung in der Onkologie - OncoRay" auf dem Campus der Dresdner Hochschulmedizin ein.

Im vorfristig fertiggestellten Neubau arbeiten künftig rund 150 Ärzte und Wissenschaftler an der Strahlentherapie der Zukunft. Voraussichtlich Mitte 2014 werden parallel zu den Forschungsvorhaben die ersten Krebspatienten behandelt. Die Trägerinstitutionen der wissenschaftlichen Einrichtung „OncoRay" - das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, die gleichnamige Medizinische Fakultät der Technischen Universität Dresden sowie das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) - haben sich mit dem Ziel zusammengeschlossen, eine neue Dimension einer schonenden Strahlentherapie zu erschließen: In der weltweit einmaligen Forschungs- und Entwicklungsplattform wird in den kommenden Jahren der Einsatz von Protonen in der Krebstherapie patientennah und jenseits kommerzieller Zwänge weiterentwickelt.

„Ich freue mich, dass sich OncoRay weltweit zu einem herausragenden Standort für Strahlenforschung in der Onkologie entwickelt hat. Ich bin sicher: Das neue Protonentherapiezentrum wird die Strahlenforschung in Dresden voranbringen. Damit sind wir einen wichtigen Schritt weiter in der Erforschung und Behandlung von Krebserkrankungen", sagt Bundesforschungsministerin Prof. Johanna Wanka. Mit der Auswahl des OncoRay-Antrags als „Zentrum für Innovationskompetenz" legte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) vor mittlerweile elf Jahren den Grundstein für das Forschungsvorhaben, das weiterhin auch mit Mitteln des Bundes gefördert wird.

„Wir in Sachsen betreiben Spitzenforschung nicht aus reinem Selbstzweck. Das OncoRay-Forschungszentrum verdeutlicht das eindrücklich. Innovative Entwicklungen kommen hier umgehend denen zugute, die Hilfe brauchen: Menschen, die an Krebs erkrankt sind", sagte der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich. „Das Forschungszentrum ist ein bedeutendes Aushängeschild für den Biotechnologie- und Medizintechnikstandort Sachsen. Viele Hände ziehen dort an einem Strang im Kampf gegen Krebs, damit die Strahlentherapie noch erfolgreicher und gleichzeitig schonender wird", sagt der Sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich.

Der Freistaat förderte vor allem die bauliche Hülle der neuen Forschungseinrichtung: Im Rahmen der 2008 ausgelobten Landesexzellenzinitiative konnte sich der OncoRay-Antrag durchsetzen. Stärke dieses Projekts ist die enge Zusammenarbeit mehrerer wissenschaftlicher Einrichtungen sowie die umfassende Verknüpfung von Grundlagenforschung und Krankenversorgung: Zu dem jetzt eingeweihten Forschungsgebäude gehören selbstverständlich Behandlungs- und Untersuchungsräume. Die Protonentherapieanlage wird gleichberechtigt zu therapeutischen und wissenschaftlichen Zwecken genutzt werden.

„Die Protonentherapieanlage ist für das Universitätsklinikum ein weiterer wichtiger Baustein, um seinen hervorragenden Ruf in der Krankenversorgung auszubauen. Vor allem die frühe Ausrichtung auf eine interdisziplinär und auf höchstem wissenschaftlichem Niveau angelegte Behandlung von Krebspatienten hat dazu beigetragen, dass die Dresdner Hochschulmedizin heute zur Spitzengruppe zählt - auf nationaler wie auf internationaler Ebene. Damit konnten wir das Vertrauen unserer Förderer auf Bundes- und Landesebene gewinnen. Wir sind stolz darauf, dieses Vertrauen nun rechtfertigen zu können: Ohne die bei solchen Vorhaben üblichen Nachträge wurde der hochkomplexe Bau mit seinen räumlich und finanziell eng gesetzten Grenzen vorfristig fertig gestellt", sagt Prof. Michael Albrecht, der als Medizinischer Vorstand des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Bauherr der Anlage ist. Zudem übernimmt das Klinikum den Großteil der Anschaffungskosten der Protonentherapieanlage.

„Das OncoRay-Zentrum forscht seit seiner Gründung intensiv daran, die Strahlentherapie weiterzuentwickeln. Der Einsatz von Protonenstrahlen wird dabei künftig eine wichtige Rolle spielen. Denn sie sind besonders effizient und schonen dennoch den Patienten. Mit dem neuen Forschungsgebäude und der Protonentherapieanlage als Herzstück verfügen wir nun über eine Infrastruktur, die in dieser Konstellation weltweit einmalig ist. Davon profitieren auch die Patienten der Region. Mit der Protonentherapie wird die die Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie ihre bereits heute herausragenden Möglichkeiten bei der Versorgung von Tumorpatienten nochmals entscheidend erweitern. Das Onco¬Ray Zentrum hat dazu in zehn Jahren ein einzigartiges Modell geschaffen, das alle Stufen medizinischer Entwicklung enthält; das heißt von der Grundlagenforschung bis zur Anwendung beim Patienten", sagt Prof. Michael Baumann, Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am Dresdner Uniklinikum sowie Direktor des OncoRay-Zentrums und des Radioonkologieinstituts im HZDR:

„Die moderne Protonentherapie benötigt exzellente Mediziner und Physiker gleichermaßen. Sie wird sich in der Krebstherapie nur durchsetzen, wenn es gelingt, einerseits kompakte Beschleuniger dafür zu entwickeln und andererseits die Strahlen in Echtzeit zu überwachen. Im Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf erforschen wir, wie wir mit intensivem Laserlicht Protonen beschleunigen können. Außerdem entwickeln wir gemeinsam mit Physikern am OncoRay ein neuartiges Abbildungsverfahren für die im Körper deponierte Strahlung. Damit wollen wir gewährleisten, dass die Protonen die Krebszellen vollständig vernichten und gesundes Gewebe weitgehend schonen", sagt Prof. Roland Sauerbrey, Wissenschaftlicher Direktor des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf.

Arbeitsplätze für 150 Wissenschaftler und ihre Mitarbeiter

Bisher waren die Wissenschaftler, Ärzte und ihre Mitarbeiter auf mehrere Standorte des Hochschulmedizin-Campus und des HZDR verteilt. In dem neuen, vom Dresdner Architekturbüro Woerner und Partner entworfenen Gebäude können sie nun im direkten Kontakt zusammenarbeiten. Dazu steht ihnen eine Fläche von knapp 2.000 Quadratmetern zur Verfügung. Rund die Hälfte davon nehmen die insgesamt 56 Büros ein. Hinzu kommen gut 600 Quadratmeter für 15 Labors sowie rund 250 Quadratmeter für insgesamt sechs Konferenz- und Besprechungsräume. Auf das Herzstück des Forschungskomplexes - der Protonentherapieanlage - entfallen nochmals 1.460 Quadratmeter. So ist zum Beispiel die aufwändige Technik auf rund 550 Quadratmetern untergebracht, während der Therapieraum lediglich 101 Quadratmeter misst. Deutlich größer fällt die Experimentalhalle mit rund 250 Quadratmetern aus.

Dresdner Projekt verbindet Krankenversorgung mit Forschung

Mit der Protonentherapie als innovativer Form der Strahlenbehandlung von Krebspatienten bietet das Universitätsklinikum gemeinsam mit der Medizinischen Fakultät und dem HZDR Spitzenmedizin, die derzeit in Deutschland auf universitärem Niveau nur in Heidelberg und seit Mai diesen Jahres auch in Essen sowie weltweit an rund 30 Krankenhäusern verfügbar ist. Damit festigt die Dresdner Hochschulmedizin ihre Position in der Spitzengruppe der auf die Erforschung und Behandlung von Tumorleiden fokussierten Institutionen. Vorteil der ersten Protonentherapieanlage Ostdeutschlands ist, dass Patienten dank der vielfältigen und praxisnahen Forschungsprojekte am Dresdner OncoRay-Zentrum frühzeitig von weiteren Innovationen dieser noch neuen Therapieform profitieren werden. Das ist ein wesentlicher Grund für Klinikum, Fakultät und HZDR, sich für diese durch die Europäische Union, Bund und Freistaat geförderte Millioneninvestition zu entscheiden. Ziel ist es, den Einsatz der Protonentherapie auf weitere Krebsarten auszuweiten. Derzeit übernehmen die Krankenkassen die Behandlungskosten bei bestimmten Tumoren - beispielsweise im Gehirn, an der Schädelbasis oder bei Tumoren im Kindesalter.

Neben der hunderte Tonnen schweren, auf elektromagnetischen Feldern beruhenden Protonen-Beschleunigungsanlage werden die Wissenschaftler von HZDR und OncoRay im selben Gebäudekomplex eine neue Technologie erproben, durch die der technische Aufwand für die Protonentherapie deutlich sinken wird: Sie nutzen hochintensive Laserstrahlen, um die Partikel auf die notwendige Geschwindigkeit zu bringen. Ziel ist es, künftig die Kosten für Bau und Unterhalt dieser Therapieanlagen drastisch zu reduzieren. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass alle Patienten, die diese schonende Behandlungsform benötigen, auch von ihr profitieren können. Das Nebeneinander eines konventionellen und eines laserbasierten Protonenbeschleunigers wird weltweit einmalig sein - das Dresdner Kompetenzzentrum etabliert sich damit als Referenz- und Kristallisationspunkt weiterer Forschungen auf diesem Gebiet.

Das HZDR ist eines der führenden Zentren bei der Erforschung von laserbeschleunigten Protonenstrahlen. Die Rossendorfer Wissenschaftler haben in den vergangenen Jahren auf diesem Gebiet sehr viel Erfahrung gesammelt und am Hochleistungslaser DRACO zehntausende Male energiereiche Ionenstrahlen mit Laserlicht erzeugt. Jetzt geht es darum, die Energie der Strahlen so zu steigern, dass sie weit genug in den Körper eindringen und Krebszellen zerstören können. Dafür ist ein noch leistungsstärkeres Lasersystem nötig, das das HZDR gegenwärtig entwickelt und am Standort Dresden-Rossendorf aufbauen wird.

Protonen - auf den Tumor fokussierte Kräfte schonen Patienten

Ziel jeder Strahlentherapie ist es, das Tumorgewebe zu zerstören oder so stark zu schädigen, dass es nicht mehr unkontrolliert wächst. Bisher werden hierzu vor allem ultraharte Röntgenstrahlen von Linearbeschleunigern eingesetzt: Die dafür verwendeten Photonen entfalten ihre therapeutische Wirkung jedoch nicht nur im Tumor selbst, sondern bereits auf ihrem Weg durch den Körper zur Krebsgeschwulst und auch dahinter. Protonen dagegen können so eingesetzt werden, dass sie auf dem Weg zum Tumor nur wenig Energie abgeben. In dem bösartig veränderten Gewebe dagegen entfalten sie ihre volle Kraft. Den Protonenstrahl können die Therapeuten so formen, dass die Protonen das hinter der Krebsgeschwulst liegende gesunde Gewebe nicht mehr schädigen. In dieser Hinsicht sind die Protonen in ihrer medizinischen Wirkung den heute standardmäßig eingesetzten Photonen deutlich überlegen. Allerdings gilt es, den medizinischen Gewinn dieser wesentlich teureren Behandlungsform für jede der verschiedenen Tumorarten gegenüber der heutigen Strahlentherapie zu über¬prüfen. Dies geschieht in aufwändigen, streng kontrollierten klinischen Untersuchungen. Nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen wird die Protonentherapie nur bei einem Teil der Tumorerkrankungen sinnvoll sein.

 

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