Labor & Diagnostik

Schnelle Differenzierung von Erregern

31.01.2024 - Atemwegserkrankungen können auf eine Vielzahl verschiedener Krankheitserreger zurückgeführt werden.

Für schwere, intensivmedizinische Behandlungsfälle ist häufig neben Influenza-, SARS-Cov-2- auch das Respiratory Syncytial Virus (RSV) verantwortlich. Welche Relevanz der respiratorischen Testung in Notaufnahmen zukommt und welche Vorteile syndromische Tests dabei bieten, erläutern Prof. Roland Diel, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und Martin Kawald, Zentrale Notaufnahme Klinikum Freising.

Dr. Jutta Jessen, Weinheim

M&K: Welche Relevanz hat die Testung respiratorischer Erreger in der Notaufnahme, der Krankenhäuser bzw. auf den (pädiatrischen) Stationen?

Prof. Roland Diel: Die Testung hat eine erhebliche Relevanz, da Atemwegsinfektionen zu den häufigsten Gründen für einen Krankenhausaufenthalt gehören. Die rasche und genaue Diagnose respiratorischer Erreger mit potenziell schwerem Krankheitsverlauf, wie Influenza-Viren, respiratorisches Synzytial-Virus (RSV) der SARS-CoV-2, ermöglichen einerseits eine frühzeitige und gezielte Behandlung der Patienten. Durch die frühzeitige Identifizierung von Patienten mit respiratorischen Erregern können aber auch geeignete Isolationsmaßnahmen ergriffen werden, um das Risiko einer Übertragung auf das medizinische Personal zu minimieren. Insbesondere auf pädiatrischen Stationen ist es wichtig, besonders gefährdete Patientengruppen, wie Säuglinge und Kinder mit Vorerkrankungen, vor schwerwiegenden Atemwegsinfektionen zu schützen.

Welche Vorteile bietet der Einsatz von Point of Care Lösungen in diesem Bereich und wie können die Prozessabläufe in der Notaufnahme durch den Einsatz von Multiplex RT-PCR verbessert werden?

Martin Kawald: Alle Abläufe müssen zum Ziel haben die Funktionalität der Notaufnahme und somit die optimale medizinische Versorgung zu gewährleisten. Hierbei geht es nicht nur um die Steuerung von Patientenflüssen, aber auch um die Koordinierung der vielen Schnittstellen, die eine Notaufnahme hat, sowohl nach außen, z. B. zu den Rettungsdiensten und Leitstellen, als auch nach innen, innerhalb der Klinik.

Eine sehr wichtige Schnittstelle ist die laborchemische Diagnostik. Von dieser hängt sehr oft die weitere Therapie sowie Bahnung der im Abklärungsprozess befindlichen Notfallpatienten ab. Ich denke, es liegt auf der Hand, dass die rasche Erkennung solcher isolationspflichtiger Virusinfektionen mittels eines Schnell-Multiplex RT-PCR-Gerätes (PCT) die Prozessabläufe enorm positiv beeinflussen wird und sowohl die Abklärungs- als auch die Aufenthaltsdauer des Patienten in der Notaufnahme deutlich reduzieren kann. Diese Erfahrung konnten wir in unserer Notaufnahme definitiv machen.

Was können Sie zur Kosten-Nutzen Korrelation in Bezug auf die Implementierung eines POCT Multiplex RT-PCR Tests im Vergleich zum konventionellen Ansatz sagen?

Diel: Der Einsatz eines hochsensitiven und -spezifischen PCR-POCT kann bei Notfall-Patienten, z. B. mit Verdacht auf eine COVID-19-Infektion, die Krankenhauskosten erheblich senken. In einer Modellanalyse (Diel et al. 2023), konnten durch die Verwendung des Savanna RVP 4 Tests (Multiplex PCR-POC) bei Notfall-Patienten unter Annahme einer COVID-19-Prävalenz zwischen 15,6–41,2 % und einer anschließenden Krankenhauseinweisungsrate zwischen 4,3–64,3 % durchschnittlich € 107 pro Patient im Vergleich zur initial lediglich klinischen Beurteilung eingespart werden.

Weiterhin kann aus Sicht des Krankenhauses ein Einnahmeverlust durch die unnötige prophylaktische Sperrung eines Betts vermieden werden, wenn eine SARS-CoV-2- bzw. Influenza-Infektion bei Patienten, die ungeplant ins Krankenhaus kommen, durch einen PCR-POCT sofort ausgeschlossen wird.

Herr Kawald, Sie nutzen das Savanna System von QuidelOrtho im täglichen Routineeinsatz in der Zentralen Notaufnahme. Was sagen Sie aus Anwendersicht dazu?

Kawald: Ja das stimmt, wir benutzen das Savanna System nun schon seit fast zwei Jahren jeden Tag mehrmals und konnten eine Verbesserung und Beschleunigung unserer Abläufe verzeichnen.

Der Grund dafür liegt zum einen in der Anwenderfreundlichkeit des Systems, und zum anderen in der sehr schnellen Lieferung des validen Ergebnisses. So konnten wir ein effizientes Testungs- und Isolierungskonzept umsetzen, das über die Notaufnahme hinaus auch in den anderen Abteilungen/Stationen weiter getragen wurde. Interessant war, dass nun auch häufiger die Diagnose einer primär viralen Atemwegsinfektion gestellt und folglich auf eine kalkulierte Antibiotikagabe zunächst verzichtet werden konnte.

Zudem konnten wir bestimmte Viruswellen frühzeitig erkennen. Beispielsweise die letzte RSV-Welle, die ja oft bei Kleinkindern schwere Pneumonien verursachen kann. Aktuell sehen wir wieder viele COVID-Infektionen, oft klinisch atypisch, so dass wir weiterhin auf das Savanna System angewiesen sind und trotz Ende der Pandemie täglich mehrmals davon profitieren.

Zur Person:

Prof. Dr. Roland Diel, MPH, ist Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie und Öffentliches Gesundheitswesen. Er studierte Public Health an der Universität Düsseldorf, wo er sich 2004 habilitierte. Seit 2013 ist er Gesundheitsökonom im Institut für Epidemiologie an der Universität zu Kiel und Principal Investigator im Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL) an der LungenClinic Grosshansdorf.

Zur Person:

Martin Kawald studierte Human­medizin und bildete sich zum Internisten weiter. Seit 2014 war er als Oberarzt in der II. Med, Abteilung des Rotkreuzklinikums sowie im Anschluss seit 2019 Oberarzt im Notfallzentrum des Rotkreuzklinikums München tätig. Seit 2021 trägt er die Zusatzbezeichnung des klinischen Akut- und Notfallmediziner. Im Januar 2022 übernimmt er die Funktion als Chefarzt der Notaufnahme des Klinikums Freising.

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