Hygiene

Neue Waffe gegen hochresistente Keime

20.08.2010 -

Ein Wirkstoff aus Pilzen und niederen Tieren eignet sich eventuell als schlagkräftige Waffe gegen gefährliche Bakterien. Die Rede ist vom sogenannten Plectasin, einem kleinen Eiweißmolekül, das selbst hochresistente Keime zerstören kann. Forscher der Universität Bonn haben zusammen mit dänischen und holländischen Kollegen aufgeklärt, wie die Substanz das macht. Ihre Ergebnisse erschienen in der Zeitschrift Science. Die Autoren sehen in Plectasin eine vielversprechende Leitsubstanz für neue Antibiotika.

Immer mehr Bakterien sprechen auf gängige Antibiotika nicht mehr an. Das betrifft vor allem die Methicillin-resistenten Staphylokokken: Gegen diese sog. MRSA-Stämme sind die Waffen der Pharmaforschung inzwischen weitgehend stumpf. Nach Schätzungen erkrankt bereits jeder zweite intensivmedizinisch behandelte Patient in den USA an einer MRSA-Infektion.

Plectasin könnte die Kräfteverhältnisse wieder zugunsten der Mediziner zurechtrücken. Doch wie genau macht das kleine Eiweißmolekül das? Die Bonner Forscher um Dr. Tanja Schneider und Prof. Dr. Hans-Georg Sahl haben diese Frage zusammen mit Kollegen beantwortet. Demnach stört Plectasin die Bildung der Bakterienzellwand, sodass sich die Erreger nicht mehr teilen können.

Plectasin verhält sich dabei wie ein Dieb, der einem Maurer die Steine klaut. „Es heftet sich an den Zellwand-Bestandteil Lipid II und verhindert so, dass dieser eingebaut wird", erklärt Prof. Sahl. „Ohne Zellwand sind Bakterien aber nicht lebensfähig." Kein Wunder, dass das wohl bekannteste Antibiotikum Penicillin ebenfalls die Zellwand-Synthese behindert.

Plectasin ähnelt in seiner Wirkungsweise jedoch eher dem ebenfalls weitverbreiteten Vancomycin. Vancomycin galt seit den 80er Jahren im Kampf gegen MRSA-Stämme als Mittel der Wahl. Inzwischen gibt es jedoch mehr und mehr Bakterien, die auch gegen Vancomycin resistent sind. „Gegen Plectasin sind diese Stämme jedoch noch empfindlich", betont Dr. Tanja Schneider. Dennoch sei auch mit der neuen Substanz das Resistenz-Problem nicht auf Dauer gelöst. „Es ist immer nur eine Frage der Zeit, bis die Erreger mutieren und ihnen auch die neuen Medikamente nichts mehr anhaben können", sagt sie. „Das ist ein ewiges Wettrüsten."

Plectasin wurde im Rahmen einer Studie der dänische Firma Novozymes entdeckt. Es gehört zu den sog. Defensinen. Diese Abwehrmoleküle sind bei Pilzen, Tieren und wohl auch bei Pflanzen weit verbreitet. Der Mensch bildet beispielsweise Defensine auf seiner Haut und erstickt so viele Infektionen bereits im Keim. Defensine töten jedoch nicht nur Krankheitserreger, sondern alarmieren auch das Immunsystem. Daher setzt die Pharmabranche in sie besonders große Hoffnungen.

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