Clostridium difficile-Infektion (CDI): Therapieauswahl nach individuellem Patientenrisiko
08.10.2015 -
Clostridium difficile-Infektionen (CDI) sind in Deutschland die vierthäufigste nosokomiale Infektion mit einer Letalitätsrate von 30 Prozent auf der Intensivstation.1,2 Im Rahmen der 70. Jahrestagung der DGVS (Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten) im September in Leipzig wurde die Thematik unter anderem bei einem von Astellas Pharma unterstützten Symposium diskutiert. Die einhellige Meinung der Experten: Für eine anhaltend erfolgreiche Therapie müsse immer das individuelle Risiko des Patienten berücksichtigt werden.
„Clostridium difficile-Infektionen sind ein Problem eines zunehmend älteren Patientenkollektivs“, eröffnete Prof. Dr. Andreas Stallmach, Jena, das Symposium. Die Infektionen treten vorwiegend in Krankenhäusern und Langzeitpflegeeinrichtungen auf. Häufig kommt es zu Rezidiven. Besonders wenn Patienten ein erstes Rezidiv hatten, besteht die Gefahr, weitere Rückfälle zu erleiden. Die Letalitätsrate auf einer internistischen Intensivstation liegt für Patienten mit CDI bei rund 30 Prozent und ist damit vergleichbar hoch wie die Letalität von Patienten mit nosokomialer Pneumonie.2 Auch mehrere Monate nach der ersten Episode ist die Sterblichkeitsrate noch deutlich erhöht.3 Besonders dann, wenn es zu einem Rezidiv kommt, sind auch die Behandlungskosten enorm. Pro CDI-Rezidiv-Patient fallen durchschnittlich 20.755 Euro bei einer Liegedauer von 37,7 Tagen an.4
Risikofaktoren: Alter und Komorbiditäten
„Für die Therapieauswahl ist die Einschätzung des individuellen Patientenrisikos entscheidend“, so Stallmach. „Doch ist es schwierig, exakte Kriterien für eine voraussichtlich schwer verlaufende CDI zu definieren, zumal die Literatur dazu unterschiedliche Antworten liefert.“ Relevante Kriterien, die den Verlauf der CDI beeinflussen, seien aber in jedem Fall ein höheres Alter, eine Leukozytose, der Abfall des Serumalbumins eine begleitende Antibiotikatherapie sowie Komorbiditäten wie onkologische Erkrankungen oder Erkrankungen, die mit einer Immunsuppression einhergehen.
Dr. Christoph Spinner, München, stellte in Leipzig die Diagnostik und Therapie von C. difficile-Infektionen anhand der S2K-Leitlinie zu gastrointestinalen Infektionen vor, die in diesem Jahr von der DGVS neu herausgegebenen wurden.5 Diese empfiehlt zunächst, bei jedem Verdacht auf CDI schnellstmöglich eine sensitive Diagnostik mittels GDH-Antigen-Test durchzuführen. Ist der GDH-Test positiv, folgt der Toxin- Nachweis meist mittels ELISA, alternativ mittels PCR oder Zytotoxizitätsnachweis in der Zellkultur.
Neue DGVS-Leitlinie befürwortet Fidaxomicin
Laut der neuen Leitlinie, so Spinner beim DGVS-Kongress, können bei einer Erstinfektion leichte Fälle mit Metronidazol 3 x 500 mg oral für 10 bis 14 Tage und schwere Verläufe mit Vancomycin 4 x 125 mg für 10 Tage behandelt werden. „Sowohl Vancomycin als auch Metronidazol wirken allerdings unselektiv im Darm und beeinträchtigen die natürliche Darmflora“, so Spinner. Fidaxomicin wirke dagegen selektiv bakterizid. In Vergleichsstudien mit Vancomycin konnte die makrozyklische Substanz daher eine signifikant höhere anhaltende Heilungsrate erzielen.6,7,8 Vor dem Hintergrund dieser Studienergebnisse kann laut der neuen Leitlinie Fidaxomicin bei Patienten mit erhöhtem Rezidivrisiko und zusätzlichen Risikofaktoren für Komplikationen wie Immunsuppression oder Komorbidität bereits in der Primärtherapie eingesetzt werden.5 Für rezidivierende Verläufe empfiehlt die Leitlinie ab dem zweiten Rezidiv nur noch zwei mögliche Antibiotika-Therapien: entweder 10 Tage Fidaxomicin 2 x 200 mg oder Vancomycin für mindestens 6 Wochen in einem sich wöchentlich ändernden Ausschleichschema.
Die im vergangenen Jahr aktualisierten Leitlinien der European Society of Clinical Microbiology and Infectious Diseases (ESCMID) empfehlen die Gabe von Fidaxomicin bei der Therapie aller CDI-Erkrankten, die sich für eine orale Antibiotikagabe eignen. Insbesondere bei Patienten mit Rezidivrisiko, erstem Rezidiv und bei Patienten mit multiplen CDI-Rückfällen gilt Fidaxomicin als First-Line-Therapie.9
Fidaxomicin kann CDI-bedingte Todesfälle verhindern
Fidaxomicin wurde speziell zur Behandlung der CDI entwickelt.10 Es wirkt gezielt gegen C. difficile durch selektive Hemmung seiner RNA-Polymerase11, was bei minimaler Auswirkung auf die Darmflora12,13,14 zu einer Verringerung der C. difficile-Sporen- und Toxin-Produktion sowie zum Absterben der C. difficile-Zellen führt.15,16 Die natürliche Darmflora wird weitgehend geschont, so dass sie sich bereits während der Therapie regenerieren kann. Fidaxomicin erzielte in den Zulassungsstudien im Vergleich zu oral verabreichtem Vancomycin signifikant höhere Raten einer anhaltenden Heilung (klinische Heilung ohne Rückfall in den folgenden 30 Tagen nach Therapieende).6,7
Neue Daten zeigen, dass die Anwendung von Fidaxomicin als First-line-Therapie zudem CDI-bedingte Todesfälle verhindern kann. In zwei britischen Zentren, die Fidaxomicin als First-Line-Therapie für alle mit CDI diagnostizierten Patienten eingeführt hatten, wurde eine signifikante Verringerung der 28-tägigen Gesamtmortalität von 18,2 % auf 3,1 % (p < 0,001) bzw. von 17,3 % auf 6,3 % (p < 0,05) erreicht.17 Fidaxomicin wird zweimal täglich als 200-mg-Tablette über zehn Tage eingenommen. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) bescheinigte Fidaxomicin aufgrund seiner positiven Studiendaten einen Beleg für einen beträchtlichen Zusatznutzen in der Behandlung von Patienten mit schweren und/oder rekurrenten Krankheitsverläufen einer C. difficile-assoziierten Diarrhö.18
Literatur
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