IT & Kommunikation

Medizinische Datenintegration im großen Stil

14.04.2025 - Forschende der Unikliniken Jena, Aachen, Essen, Halle und Leipzig haben eine App entwickelt, die Ärzte bei der Behandlung von Blutstrominfektionen mit Staphylokokken unterstützt.

Die App wurde in einer großen prospektiven multizentrischen Studie an fünf Universitätskliniken mit mehr als 5000 Patienten evaluiert. Die Studie konnte die Sicherheit der App nachweisen und sie könnte gleichzeitig für Kliniken ohne eigene infektiologische Expertise eine Hilfe sein. Die Studie war zudem einer der ersten erfolgreichen Testläufe einer IT-Infrastruktur, die standortübergreifende Forschung mit klinischen Routinedaten ermöglicht.

Hohe Risiken und komplexe Behandlung bei Blutvergiftungen

Staphylokokken spielen eine wesentliche Rolle als Verursacher von Blutstrominfektionen. Besonders gefährlich und mit einer hohen Sterblichkeit verbunden ist das Bakterium Staphylococcus aureus, das sehr schnell und gezielt behandelt werden muss. Weil andere Staphylokokken zur Hautflora gehören, werden auch sie oft in Blutproben gefunden, ohne dass eine Infektion vorliegt. Für eine angemessene Antibiotikabehandlung ziehen Ärzte deshalb bei einem positiven Staphylokokkenbefund nach Möglichkeit eine infektiologische Expertise zu Rate. In vielen Kliniken ist diese besondere Expertise jedoch nicht vorhanden.

Um diese Versorgungslücke zu schließen, entwickelte ein Studienteam am Universitätsklinikum Jena gemeinsam mit Partnern aus der Infektiologie und der medizinischen Mikrobiologie aus den Universitätskliniken Aachen, Essen, Halle, und Leipzig das HELP-Manual: eine App in Form eines elektronischen Handbuchs, die Klinikern eine einfache Entscheidungsunterstützung bietet. Es begleitet sie leitliniengerecht durch erste diagnostischen und therapeutischen Schritte bei Verdacht auf Staphylokokken-Infektionen.

Das HELP-Manual als digitale Entscheidungshilfe

„Wir testeten die App dann in einer prospektiven multizentrischen Studie. Das war zugleich ein Testlauf für die vernetzten Datenintegrationszentren, die im Rahmen des SMITH-Konsortiums der Medizininformatik-Initiative an den fünf Standorten etabliert wurden“, so Prof. Dr. André Scherag vom Universitätsklinikum Jena, der Leiter der Studie und 1. Sprecher von SMITH ist. Diese Zentren können Daten aus der elektronischen Patientenakte, z.B. zu Laborbefunden und Therapien, in eine standardisierte Form bringen und für Forschungsprojekte nutzbar machen. Vorgaben für den Datenschutz und die Datensicherheit werden dabei streng beachtet.

Insgesamt wurden Daten von 5.056 Patienten auf 134 Intensiv- und Normalstationen an den beteiligten fünf Unikliniken in die Studie eingeschlossen. Das Studienteam führte die Nutzung des HELP-Manuals schrittweise auf den Stationen ein und verglich die Behandlungsergebnisse mit und ohne Manual. „Im Ergebnis war die Sterblichkeit auf Stationen mit HELP-Manual geringfügig niedriger als auf Stationen ohne die App“, sagt Erstautorin Julia Palm. „Für die Langzeitsterblichkeit und das Wiederauftreten von Infektionen sowie für den Antibiotikaeinsatz ließ sich kein Unterschied nachweisen.“

Behandlungsergebnisse nicht schlechter

In einer weiteren Erhebung wurden 40 Ärzten auf den teilnehmenden Stationen zur Nutzerfreundlichkeit des HELP-Manuals befragt. Etwa die Hälfte gab an, das HELP-Manual genutzt zu haben. Die Mehrheit davon bewertete die App als sehr benutzerfreundlich. Julia Palm: „Die Ergebnisse unserer Studie legen nahe, dass das HELP-Manual besonders in kleineren Krankenhäusern ohne infektiologische Expertise eine wertvolle Unterstützung bieten könnte. Der Nutzen solcher digitalen Systeme hängt aber davon ab, wie gut sie in bestehende Krankenhaus-IT-Strukturen integriert werden können.“

André Scherag ergänzt: „Bei der Durchführung der Studie, die teilweise in die Pandemiezeit fiel, ist noch einmal deutlich geworden, welche Herausforderung die IT-Wirklichkeit in Kliniken und der Status Quo ihrer Digitalisierung für die wissenschaftliche Datennutzung darstellt. Umso wichtiger ist der erbrachte Nachweis, dass die standortübergreifende Harmonisierung und Auswertung der Daten über die Datenintegrationszenten funktioniert. Die Möglichkeit klinischen Routinedaten aus der Krankenversorgung für die Forschung zu nutzen, wird die Durchführung zukünftiger Studien erleichtern. Und die Ergebnisse dieser Studien sind das Fundament einer besseren Krankenversorgung.“

Das HELP-Projekt wurde vom 01.01.2018 bis zum 30.06.2023 im Rahmen des SMITH-Konsortiums vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Zur Publikation:

Palm, J., Alaid, S., Ammon, D. et al. Leveraging electronic medical records to evaluate a computerized decision support system for staphylococcus bacteremia. npj Digit. Med. 8, 180 (2025). https://doi.org/10.1038/s41746-025-01569-3

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