Case Management: Eine Methode zur Prozessentwicklung?
22.11.2010 -
Case Management kann, so die Hoffnung, der Spagat zwischen knapper werdenden Ressourcen und Anforderungen an eine bestmögliche Patientenversorgung gelingen. Die veränderten Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen sind auch im Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main deutlich spürbar. Im Jahre 2008 etablierte man Case Management (CM) als ein weiteres Instrument, um den steigenden Anforderungen gerecht werden zu können. Die fallspezifische Steuerung der Versorgungsprozesse übernehmen im Klinikum der Sozialdienst und das Qualitätsmanagement.
In einem Haus mit 1.247 Planbetten und 220.000 ambulanten Patienten (2009) zeigt aber vor allem die alltägliche Arbeit, dass die komplexen Ablaufprozesse und die Zusammenarbeit der verschiedenen Schnittstellen Optimierungspotential bergen. Auf den Bedarf an einer effektiveren Prozesssteuerung wurde die Methode des Case Managements in der Uniklinik zugeschnitten. Der Ansatz dafür bot sich aufgrund seiner dezidierten Kunden- und Ressourcenorientierung an.
Erfahrungen mit organisationsbezogenem Case Management
Im Herbst 2008 erhielt die Stabsstelle Case Management den Auftrag aus einer Fachklinik, die Abläufe in ihrer Hochschulambulanz zu reorganisieren. Handlungsbedarf bestand aus Sicht der Verantwortlichen hinsichtlich langer Wartezeiten für die Patienten, eines hohen Patientendurchlaufs und vieler zeit- und kostenintensiver Wiederbehandlungen.
Um die Arbeitsprozesse nachhaltig verändern zu können, war zunächst eine gründliche Ist-Analyse notwendig. Die Mitarbeiter des Case Managements beobachteten und analysierten sämtliche Prozesse rund um die Versorgungsleistungen in der Ambulanz. Ein besonderes Augenmerk lag dabei auf der Zusammenarbeit der Schnittstellen sowie der interdisziplinären Kommunikation. Diese Punkte erweisen sich als besonders störanfällig für einen reibungslosen Prozessverlauf. Während der Analyse wurden zudem Kennzahlen erhoben, anhand derer das Projekt evaluiert werden konnte. Hierzu zählten bspw. die Fallzahlen pro Quartal und die durchschnittliche Aufenthaltsdauer pro Patient und Behandlungstag. Daneben erfolgten Befragungen der Patienten und Gesprächsforen mit den Mitarbeitern.
Die externe Position des CM-Teams ermöglichte einen vorurteilsfreien, berufsgruppenübergreifenden Blick auf die Organisationseinheit und deren Abläufe. Gemeinsam mit den verantwortlichen Führungskräften wurden die Daten und Beobachtungen geordnet und priorisiert, um eine Reduktion auf die Kernprobleme zu erzielen. Es zeigte sich, dass vor allem die hohe Anzahl an nicht terminierten Patienten die täglichen Durchlaufprozesse in der Ambulanz auf vielfältige Weise behinderten. Der Arbeitsanfall ließ sich nicht planen, und so kam es u. a. für die terminierten wie auch für die ungeplanten Patienten zu langen Wartezeiten; außerdem führte dies zu einer hohen Arbeitsbelastung für die Mitarbeiter. Dieser Zustand existierte bereits über viele Jahre, und die Patienten und Mitarbeiter hatten sich an die bestehenden Verhältnisse adaptiert.
Die Herausforderung für das Case Management bestand nun darin, die Prozesse wirksam zu verändern und einen Bewusstseinswandel bei den Beteiligten zu erreichen. Bei der Erstellung der Sollkonzeption wurden daher die Führungskräfte und übrigen Akteure vor Ort intensiv einbezogen. Veränderungsmaßnahmen lassen sich nur mit Unterstützung der Leitungsebene wirksam und nachhaltig umsetzen. Zudem müssen auch den Mitarbeitern Ziel und Nutzen transparent vermittelt werden. In dem konkreten Fall zielte das Sollkonzept primär auf eine Trennung der Prozessverläufe von terminierten und nicht terminierten Patienten; damit waren zugleich Anpassungen der Arbeitsabläufe und der Infrastruktur nötig. Alle hierzu erforderlichen Schritte organisierte und koordinierte das Case Management, die Akteure vor Ort konnten sich indes auf ihre Kernprozesse zur Patientenversorgung konzentrieren.
Die anschließende Implementierung der Sollkonzeption wurde engmaschig durch das Case Management begleitet. Hierin zeigt sich ein Unterschied zum gängigen Projektmanagement. Notwendige Anpassungen konnten zeitnah bearbeitet und umgesetzt werden. Die Mitarbeiter erfuhren dadurch, dass zielgerichtete Veränderungen möglich sind. Befürchtungen und Ängste reduzierten sich hierdurch, was sich positiv auf die Akzeptanz des Projektes durch die Mitarbeiter auswirkte.
Nachdem alle Maßnahmen umgesetzt waren, zog sich das Case Management aus der aktiven Projektbegleitung zurück. Nun oblag es den Führungskräften vor Ort, das Projekt weiterzuführen. Der Grundstein dafür war durch die intensive Zusammenarbeit gelegt worden.
Sechs Monate nach der Implementierung erfolgte eine Projektevaluation. Die erneut erhobenen Kennzahlen wiesen den Erfolg des Projektes aus: Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der terminierten Patienten reduzierte sich um 23 Min. und die Gesamtzufriedenheit der Patienten verbesserte sich von 58% auf 92%. Das Projekt schaffte die notwendigen Voraussetzungen, um eine größere Anzahl neuer Patienten zu akquirieren und damit auch zukünftig wettbewerbsfähig bleiben zu können. Somit hat sich gezeigt, dass mit der Case-Management-Methode eine effiziente und nachhaltige Prozesssteuerung durchaus möglich ist.
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