Hygiene

Gutes Hygienemanagement: die katheterassoziierte nosokomiale HWI-Rate sinkt über 50 %

10.08.2014 -

Gutes Hygienemanagement: die katheterassoziierte nosokomiale HWI-Rate sinkt über 50 %. Die nosokomialen Harnwegsinfektionen (HWI) gehören zu den häufigsten Infektionen auf Allgemeinstation, den dritthäufigsten Infektionen auf deutschen Intensivstationen. Sie sind bis zu 90 % mit einem Katheter assoziiert.
Das Risiko, diese Infektion zu bekommen, steigt pro Tag und transurethralen Blasenkatheter um 3– 10 %, so dass bei der Mehrheit der Patienten nach einer längeren Verweildauer eine Bakteriurie nachzuweisen ist.
Die Prävention nosokomialer HWI ist daher nicht nur von großer individueller, sondern von sozio-ökonomischer Bedeutung, da es zu einer Verlängerung der Liegedauer bis zu 11 Tagen führen kann (SENIC 1985).

In Deutschland erhalten 12,6 % aller Krankenhauspatienten im Verlauf ihres Klinikaufenthalts einen transurethralen Blasenverweilkatheter (TBK). Die Inzidenz einer neu erworbenen Bakteriurie beträgt 30– 40 %, bei der Anlage eines transurethral katheterisierten Patienten.
Der transurethrale Blasenverweilkatheter ist einer der bedeutendsten Risikofaktoren für eine Urethritis mit der Möglichkeit des Entstehens einer Prostatitis, Epididymitis, Harnröhrenstriktur, Pyelonephritis, Bakteriämie, Urosepsis sowie einer Zystitis (Robert Koch-Institut; BGBl 1999).
Für die Bundesrepublik Deutschland geht man von zusätzlichen Kosten für nosokomiale HWI auf den Intensivstationen von > 200 Mio. € im Jahr aus.
Nach den Daten des Nationalen Referenzzentrums für Krankenhaushygiene (NRZ), das 1997 das Krankenhaus- Infektions-Surveillance- System (KISS) in Deutschland eingeführt hat, wurden durchschnittlich 6.400 Fälle von katheterassoziierten nosokomialen Infektionen in 334 deutschen Intensivstationen von 1997 bis 2005 erfasst.
Die Infektionsrate der chirurgischen Intensivstationen (Anzahl 70) weisen 3,38 Fälle pro 1.000 Anwendungstage, die interdisziplinären Intensivstationen (Anzahl 160) 1,76 Fälle auf.
Auf unserer anästhesiologischen Intensivstation mit derzeit 21 Betten im Klinikum Nürnberg liegt die durchschnittliche katheterassoziierte nosokomiale HWI-Rate (1997–2005) bei 1,18 pro 1.000 Anwendungstagen.
Die Surveillance ist eine fortlaufende, systematische Erfassung, Analyse und Interpretation der Infektionsraten, die für das Planen und die Einführung von Präventivmaßnahmen nötig sind.
Dazu gehört die aktuelle Übermittlung der Infektionsdaten an Ärzte und Pflegepersonal (Gaynes, Horan 1996) Bei ca. 6,5 Millionen Intensivstationstagen pro Jahr und einer Anwendungsrate von im Mittel 87,54 % auf der chirurgischen Intensivstation kann man hochrechnen, dass auf allen deutschen Intensivstationen jährlich mit ca. 20.000 katheterassoziierten nosokomialen Fällen zu rechnen ist.
Bei Zugrundelegung einer Verlängerung der Liegedauer von 11 Tagen und eines Pflegesatzes von 950 € pro Tag, sowie zusätzliche Ausgaben für Pflege, Diagnostik und Therapie der nosokomialen HWI von 3.000 € entstehen auf deutschen Intensivstationen Kosten in Höhe von ca. 250 Mio. € pro Jahr.
In verschiedenen Studien (Berenholtz SM et al., Crit Care Med. 2004; 32: 2014–2020) konnte gezeigt werden, dass sich durch eine kontinuierliche Evaluation und Weiterentwicklung der Evidence-based-Leitlinien die Infektionsraten reduzieren lassen.
Durch effizientes Hygienemanagement sowie kontinuierliche Infektionserfassung lassen sich die Infektionsraten auf der Intensivstation senken.
Ebenfalls positiv auf die HWI-Rate wirken sich der Einsatz von ausreichend Fachpersonal sowie eine fachkompetente und kontinuierliche Beratung durch Hygienefachpersonal auf der Intensivstation aus.
Weiterhin kann sich der Einsatz von qualitativ hochwertigen Medizinprodukten einerseits positiv auf die nosokomiale HWI und andererseits auf Prozess- und Ablaufoptimierung auswirken.
Bei der Anlage eines transurethralen Blasenverweilkatheters muss eine strenge Indikation gestellt werden und die Durchführung sollte ausschließlich vom Fachpersonal erfolgen.
Neue Kathetermaterialien wie z.B. 100 % Silikonkatheter mit einer Hydrogelbeschichtung, die zu einer geringeren Besiedelung von Erregern an der Katheteroberfläche und somit verbunden zu einer geringeren Inkrustation führen, verdienen deshalb Beachtung.
Blasenverweilkatheter mit antimikrobiell beschichteten Substanzen sind bei der Anlage eines transurethralen Katheters nach den Evidence- based-Leitlinien des RKI im Evidencegrad der Empfehlungen in Kategorie III (Keine Empfehlung, bzw. ungelöste Frage) eingeordnet.
Besondere Bedeutung verdient das Harnableitungssystem und hier speziell das Anti Refluxventil = Rückflussperre.
Dabei hat eine senkrecht positionierte Rückflusssperre, die immer geöffnet sein muss und nur bei Urinrückfluss aus dem Beutel sicher schließt, das geringste Inkrustationsrisiko überhaupt.
Empfohlen wird weiterhin, dass bei einer längerfristigen Verweildauer ein suprabubischer Blasenkatheter angelegt werden soll.
Bei dieser Anlage ist ein weitaus geringeres Infektionsrisiko für die Patienten zu erwarten. Ein silikonisierter Latexkatheter sollte nicht länger als fünf Tage verwendet werden (RKI Kategorie IB 1999).
Des Weiteren ist die HWI von effektiven Präventivmaßnahmen, einem funktionierenden Hygienemanagement als auch von der Grundkrankheit und den Komorbiditäten abhängig.
Um einen sinnvollen Vergleich der Infektionsrate mit anderen Intensivstationen zu ermöglichen, sind einerseits einheitliche Surveillance- Methoden und andererseits die Bereitschaft zur Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen nötig (Infektionsschutzgesetz aus dem Jahr 2001, IfSG § 23).
Kontinuierliche Surveillance der Infektionen, Berechnung der Inzidenzdichte, regelmäßige Fort- und Weiterbildung für das gesamte Personal auf der Intensivstation und qualifiziertes Fachpersonal sollten zum Qualitätsstandard gehören.
Werden alle Hygienemaßnahmen eingehalten, lassen sich dank der Nutzung qualitativ hochwertiger Medizinprodukte (Beachtung des MPG) und Innovationen durchaus eine optimierte Ablauf- und Prozessoptimierung erreichen.
Studien und Evidenz basierte Leitlinien belegen, dass durch effektive Präventionsmaßnahmen die katheterassoziierten nosokomialen HWI deutlich gesenkt werden können. Kontinuierliche Erhebungen verdeutlichten, dass ein funktionierendes Hygienemanagement in der Lage ist, die katheterassoziierte nosokomiale HWI-Rate um über 50 % zu reduzieren.
Das zeigt, dass die Prävention in Deutschland einen höheren Stellenwert bekommen muss.
Eine Optimierung der Präventivmaßnahmen ist einerseits im Sinne der Patienten, andererseits ist durch eine Reduzierung von Infektionen ein nicht unerheblicher ökonomischer Effekt zu erzielen.

Kontakt:
Reinhard Kranabetter
Klinikum Nürnberg Nord
Institut für Klinikhygiene
D-Nürnberg
Tel.: 0911/3982385
Fax: 0911/3983132
Reinhardt.Kranabetter@klinikum-nuernberg.de
www.klinikum-nuernberg.de

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