Hygiene

MRSA: Bund und Länder sind in der Pflicht

27.08.2014 -

MRSA: Bund und Länder sind in der Pflicht. Aufgrund des MRSA-Problems in Deutschland gab der Autor dieses Beitrags am 19. Mai 2005 eine Petition beim Deutschen Bundestag ein, in der ein normativer Rahmen für den Umgang mit MRSA- Patienten in Deutschland gefordert wird.
Am 29. Juni 2006 wurde diese Petition vom 16. Deutschen Bundestag angenommen.
Dazu wurde konstatiert, dass „ein großer Handlungsbedarf besteht“ und „bei Einhalten der Vorgaben die MRSA-Verbreitung tatsächlich eingedämmt werden kann.“
Es bleibt „unbestritten, dass bei Durchführung der möglichen Maßnahmen zur Infektionshygiene Erkrankungen und Todesfälle durch MRSA-Infektionen vermieden würden.“

Nun wird die Eingabe an das BMG weitergeleitet, „um auf Bundesebene nach Möglichkeiten zu suchen, dass die Empfehlungen des Robert-Koch- Instituts von allen Krankenhäusern als verbindlich beachtet werden.“
Auch wird die Petition den Landesvolksvertretungen zugeleitet, „damit diese im Rahmen ihrer Landeszuständigkeit dafür Sorge tragen, dass diese Empfehlungen in den Krankenhäusern umgesetzt werden.“
Schon auf einer Fachtagung im Robert-Koch-Institut, Wernigerode, am 16./17. Dezember 2004 wurde darauf hingewiesen, dass eine erhebliche Spannweite in der MRSA-Häufigkeit von 0–35 %, in Einzelfällen sogar bis zu 60 % bestehe.
Schon hierzu stellte der Petitionsausschuss fest: „Es kann nicht in das Belieben des jeweiligen Krankenhauses bzw. dessen Kostensituation gestellt sein, ob und inwieweit den von den Fachleuten geforderten Hygienemaßnahmen entsprochen wird. Ein Krankenhaus mit einer MRSA-Häufigkeit bis zu 60 % ist für einen Patienten unzumutbar.“

Anstieg von MRSA
Der erste Multiresistente Staphylococcus aureus-Stamm wurde bereits 1961 beschrieben, nur zwei Jahre nach der klinischen Einführung des semisynthetischen Penicillins Methicillin.
Nach zunächst sporadischem Vorkommen ereignete sich der erste Ausbruch 1967 in einem Krankenhaus in Boston. Mittlerweile kommt MRSA weltweit und immer öfter vor.
Die Häufigkeit von MRSA-Isolaten stieg in den letzten Jahren in Deutschland dramatisch an. Betrug der MRSA-Anteil an allen Staphylococcus aureus-Isolaten im Jahr 1990 noch 1,7 %, so waren es 2004 bereits 22,6 %. Bei den Infektionen auf Intensivstationen beträgt der Anteil mittlerweile sogar über 35 %.

Erfolgreich: „Search-and-destroy“- Strategie
Besorgniserregend ist dieser Anstieg aufgrund der eingeschränkten Therapieoptionen, den hohen mit MRSA assoziierten Kosten und der erhöhten Sterblichkeit. Deutschland hat ein MRSA-Problem!
Unnötigerweise, weil geeignete und validierte Maßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung in Krankenhäusern existieren.
Hierzu gehört z.B. das Screening von Risikopatienten bei stationärer Aufnahme mit präventiver Kontaktisolierung und die konsequente Dekolonisation von MRSA-Trägern. Diese „search-and-destroy“-Strategie wurde konsequent im Berliner Vivantes Klinikum im Friedrichshain durchgeführt und wissenschaftlich validiert.
Es konnte erstmals der wissenschaftliche Beweis erbracht werden, dass konsequentes Screening bei stationärer Aufnahme die Häufigkeit nosokomialer MRSA-Infektionen um die Hälfte reduzieren kann.
Hiervon profitierten nicht nur die Patienten. Auch für den Krankenhausträger war dies ein kostensparender Weg.

Hohe Zusatzkosten durch MRSA vermeiden
Nosokomiale MRSA-Infektionen sind mit sehr hohen Zusatzkosten verbunden. Im Vergleich dazu sind die Betriebskosten für ein MRSA-Screeningprogramm relativ gering.
Für das Klinikum im Friedrichshain ergab sich dadurch eine Nettoeinsparung von rund 110.000 € jährlich! Hinzu gesellt sich der Marketingvorteil für das Krankenhaus, das mit niedrigen MRSA-Raten und suffizientem Hygiene-Management werben kann.
Die im Klinikum im Friedrichshain praktizierte „searchand- destroy“-Strategie basiert auf den Empfehlungen vom Robert- Koch-Institut, das bereits 1998 die „Empfehlungen zur Prävention und Kontrolle von Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus-Stämmen in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen“ herausgab und 2004 nochmals konkretisierte.
Problematisch ist, dass es sich hierbei nur um Empfehlungen ohne rechtsverbindlichen Charakter handelt. Faktisch brachte die Herausgabe dieser Empfehlungen nichts, denn seit 1998 stieg die MRSA-Häufigkeit kontinuierlich an.
Das impliziert, dass bei der Umsetzung der bestehenden Empfehlungen auf der Krankenhausebene ein großes Optimierungspotential besteht.

Mehr als ein Hoffnungsschimmer?
Die Ausgangslage für eine verbesserte MRSA-Politik in Deutschland ist (noch) günstig, verglichen mit dem Zustand in den Mittelmeerländern, wo die MRSA-Häufigkeit bereits 40–50 % beträgt.
In den USA und Japan sogar bis zu 70 %. Insofern bewegt sich Deutschland in einer guten Mittelfeldposition und könnte das Ruder noch herumreißen. Hier bedarf es jedoch erheblicher Anstrengungen aller Beteiligten.
Dazu stellt der Petitionssausschuss fest: „Die hierfür erforderlichen Maßnahmen sind bekannt. Letztendlich geht es ,nur‘ darum, dass die Empfehlungen des Robert- Koch-Instituts von allen Krankenhäusern umgesetzt werden.“

Kontakte:
Martin Wernitz und
Priv.-Doz. Dr. Siegfried. K. Veit
Vivantes Klinikum im Friedrichshain
Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin
D-Berlin
Tel.: 030/4221-1560
Fax: 030/4221-2037
martin.wernitz@vivantes.de
www.vivantes.de

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