Strahlentherapie am Universitätsklinikum Münster
07.11.2011 -
Die Strahlentherapie am Universitätsklinikum Münster (UKM) erhält durch die Einweihung eines neuen Beschleunigers neue und moderne Behandlungsmöglichkeiten. Dr. Jutta Jessen sprach mit der Leitenden Oberärztin der Klinik für Strahlentherapie am UKM, Dr. Iris Ernst.
M&K: Was sind die besonderen Vorteile des neuen Beschleunigers und welche Verbesserungen versprechen Sie sich für die Patienten
Dr. Iris Ernst: Gerade für die Bestrahlung beweglicher Tumoren, wie zum Beispiel Lunge, Leber oder Prostata, bietet das Gerät erhebliche Vorteile: Während der gesamten Bestrahlungsserie können die individuellen Einstellungen für den Patienten exakt reproduziert werden. Das heißt, es müssen nur einmal in einer längeren Sitzung alle nötigen Daten eingegeben werden. Bei jeder folgenden Behandlung sind diese exakt wieder abrufbar und können gegebenenfalls rasch angepasst werden.
M&K: Welche Bedeutung hat das Gerät für die Strahlentherapie am UKM?
Dr. Iris Ernst: Mit unserem neuen Gerät sind alle Voraussetzungen zu modernster Strahlentherapie gegeben. Denn neben den modernen Bestrahlungstechniken sind auch spezielle Bildgebungsverfahren direkt am Beschleuniger möglich. Hiermit kann der Schwerpunkt Bildgebung in der Radioonkologie weiter erforscht und ausgebaut werden.
Ein solches Gerät ist im weiten Umkreis einmalig. Damit kann das Universitätsklinikum Münster Bestrahlungsmöglichkeiten mit geringeren Nebenwirkungen anbieten, die bisher nur an wenigen Zentren möglich sind.
M&K: Welche zeitlichen und personellen Änderungen ergeben sich durch die Modernisierung?
Dr. Iris Ernst: Mit dem neuen Gerät haben wir mehr als doppelt so viele Bestrahlungsmöglichkeiten und haben außerdem die mechanische Präzision verdoppelt: Statt mit der Genauigkeit im Millimeterbereich können wir nun auf einen halben Millimeter genau bestrahlen.
Auch für die Patienten bedeutet das neue Gerät der Klinik eine erhebliche Erleichterung: Sie müssen nicht mehr so lange auf dem Behandlungstisch liegen. Denn die erste Bestrahlung dauert statt 30 Min. ab jetzt nur noch rund 10 Min. Auch die folgende Bestrahlungsserie lässt sich in kürzerer Zeit bewältigen. Bei einigen Hochpräzisionstechniken kann die Bestrahlungszeit jetzt sogar auf bis zu 1/10 gegenüber den alten Linearbeschleunigern verkürzt werden.
Die langen Liegezeiten ohne Bewegung waren gerade für schwer kranke Patienten eine große Belastung. Dazu ist natürlich ein hochqualifiziertes Team aus MTRA, Medizinphysik-Experten, Ärzten, Pflegenden und weiterem Assistenzpersonal nötig. Hier gab es umfangreiche Schulungen und Fortbildungen für die verschiedenen Berufsgruppen.
M&K: Die Investitionen in den neuen Beschleuniger sind Teil eines Modernisierungsprojektes der Strahlentherapie am UKM. Welche Schritte folgen noch?
Dr. Iris Ernst: Die Klinik für Strahlentherapie am UKM wurde in den vergangenen Jahren umfassend modernisiert und verfügt über eine modernste Ausstattung: Erst im vergangenen Jahr wurde ein neues Tomotherapiegerät in Betrieb genommen, in diesem Jahr folgten ein für die Bestrahlungsplanung optimaler Computertomograf und der Linearbeschleuniger. Zudem ist die Anschaffung eines weiteren Beschleunigers in Vorbereitung.
M&K: Ist mit der Modernisierung eine Entwicklung zu einem Strahlentherapie-Zentrum geplant und rechnen Sie mit erhöhtem Patientenaufkommen?
Dr. Iris Ernst: Mit der Modernisierung bauen wir unser medizinisches Versorgungsangebot permanent aus. Schon jetzt ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit weiteren Kliniken und Instituten an UKM und Medizinischer Fakultät seit vielen Jahren fester Bestandteil unserer täglichen Arbeit. Das werden wir auch in Zukunft weiter ausbauen. Wir sind ein zertifiziertes Zentrum und zudem als Partner in viele zertifizierte Zentren eingebunden. Durch die Verkürzung der Bestrahlungszeiten können natürlich mehr Patienten behandelt werden, als dies bislang der Fall war. Auch angesichts zunehmender Erkrankungszahlen rechnen wir mit einem Anstieg der Patientenzahlen.
M&K: Wo sehen Sie den wissenschaftlichen Schwerpunkt für forschungsrelevante Untersuchungen.
Dr. Iris Ernst: Auf dem Gebiet der Strahlenmedizin sind in den vergangenen Jahren enorme Fortschritte erzielt worden: Nebenwirkungen wurden deutlich reduziert, zugleich können heute Tumore immer präziser lokalisiert und exakter bestrahlt werden. Diese Verbesserungen in der Patientenversorgung werden wir auch in Münster weiter voranbringen und ausbauen, konkrete Beispiele sind etwa die immer präzisere Bildgebung und damit die Tumorlokalisation und die Bestrahlungsplanung.
M&K: Wie erfolgt die Verknüpfung mit bestehenden KIS-RIS Systemen und sind Geräte-Anpassungen für mögliche zukünftige Neuentwicklungen vorgesehen?
Ernst: Hier gibt es eine direkte Anbindung des Gerätes mit dem System. Für die Entwicklung neuer Techniken gibt es speziell einstellbare Forschungsmodi an den Geräten. Dabei arbeiten wir z.B. auch eng zusammen mit dem Europäischen Institut für molekulare Bildgebung (EIMI) hier in Münster zur Optimierung der Bestrahlungsplanung.
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