Gesundheitsökonomie

Empathische Führung – Integration der Gefühlswelten

Unser limbisches System - also das emotionale Zentrum unseres Gehirns - ist als eine Art „Offene Schleife" angelegt. Unser Blutkreislauf z.B. ist ein selbstregulierendes System, also eine geschlossene Schleife. Was im Blutkreislauf der Menschen in unserer Umgebung passiert, wirkt sich auf unseren nicht aus.

Unser emotionales Zentrum jedoch steht im Austausch mit anderen Menschen, was dazu führt, dass andere Menschen unsere Emotionen beeinflussen oder verändern können. Forscher konnten immer und immer wieder beobachten, wie sich Emotionen unwiderstehlich ausbreiten, wenn Menschen zusammen kommen, selbst wenn der Kontakt ausschließlich nonverbal ist. Wenn z.B. drei Fremde einander ein oder zwei Minuten lang schweigend gegenübersitzen, überträgt derjenige, der emotional am expressivsten ist, seine Stimmung auf die beiden anderen. Ohne auch nur ein Wort zu sagen.1

Der Grundsatz der empathischen Führung beruht daher auf der Integration der Gefühlswelten in den beruflichen Kontext. Empathische oder resonante Führungskräfte vermögen es, Gefühle in ihrem Team zu entschlüsseln und in eine positive Richtung zu lenken. Grundgefühle sind zudem wichtige Energiequellen. Diese Energiequellen kann man jedoch nur nutzen, wenn man sich seiner eigenen Gefühle bewusst ist. Zudem brauchen Grundge-fühle eine bestimmte Resonanz von Außen, um ihr Energiepotenzial zu entfalten.

Betrachten wir die 4 Grundgefühl ein wenig genauer:

Wut: Sie ist eine wichtige Energiequelle, denn sie stellt Veränderungspotenzial zur Verfügung. Wut macht deutlich „hier muss was geschehen" und ist Impulsgeber für Neuerung. Wichtig ist jedoch den Impuls wahrzunehmen und dann die Steuerung zu übernehmen. So mag mal „ordentlich auf den Tisch zu hauen" im ersten Moment Befreiung verschaffen. Doch dabei wird meistens das Problem vergessen, über das man sich geärgert hat und der Impuls zur Veränderung bleibt aus. Je länger wir die Wut nicht wahrnehmen, aufstauen lassen und uns immer weiter in die Wut steigern, desto weniger können wir noch profesionell reagieren. Daher ist es besser, seinen Ärger rechtzeitig zu äußern und dabei klar und freundlich zu bleiben. Je mehr Selbstverständlichkeit eine Führungskraft hat, Ärger in die Beziehungen zu tragen, desto eher schafft sie es auch, in der Wertschätzung für die andere Person zu bleiben und gleichzeitig klar zu machen, was sich ändern muss. In der Resonanz braucht die Wut das Gefühl, ernst genommen zu werden.

Freude: Die Freude aktiviert Lebensenergie. Wenn wir uns nicht mehr freuen können, ha-ben wir nicht genug Ressourcen, um mit den ernsten Seiten des Lebens umzugehen. Und so sollte Freude ein fester Bestandteil der Führungskultur sein - das Feiern von Erfolgen, die Freude über erreichte Ziele - all das stellt eine große Quelle zur Motivation von Mitarbeitern da. In der Resonanz will die Freude einfach nur geteilt werden und „Mitfreuer" finden.

Angst: Die Angst weist auf Gefahren hin, sie macht deutlich „hier stimmt etwas nicht". Sie zeigt auf, wo man Schutz suchen soll. In der Konsequenz ist somit eine stimmige Resonanz auf dieses Grundgefühl ein „Schutz bieten". Doch wie gestaltet sich ein Schutzangebot im beruflichen Umfeld? Eine Möglichkeit ist z.B. Orientierung zu bieten oder auch Transparenz. Insbesondere Führungskräfte, die die Dinge vorantreiben und ändern wollen, haben oft kein Gespür für die Angst der Mitarbeiter vor Veränderungen.

Trauer: Die Trauer brauchen wir, um Vergangenes zu würdigen und den Verlust zu emp-finden. Das ist die Grundlage, um Raum für Neues zu schaffen. In der Resonanz will Trauer geteilt werden. Im beruflichen Kontext bedeutet dies, dass man gerade bei Veränderungsprozessen immer auch Zeit dafür lässt, ein wenig das Ende der „guten alten Zeiten" zu betrauern und hier als Führungskraft auch Anteil nimmt.

Ein offener, ehrlicher und konstruktiver Umgang mit den Grundgefühlen im Führungskontext schafft automatisch Resonanz zwischen Führungskraft und Mitarbeitern. Grundgefühle bilden eine Brücke, weil wir damit unser Gegenüber berühren. Sie bilden somit eine Grundlage der empathischen Führung.

 

  1.  Vgl. Daniel Goleman, Richard Boyatzis, Annie Mckee, Emotionale Führung. Ullstein , 2003.

 

 

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