Medizin & Technik

Bakterielle Entzündungen der Wirbelsäule

24.07.2015 -

Entzündungen der Wirbelsäule können verschiedene Ursachen haben.

Als nichtinfektiöse Entzündungen werden Wirbelsäulenmanifestationen bei Krankheiten des rheumatischen Formenkreises definiert. Infektionen werden in spezifische Entzündungen und unspezifische Entzündungen untergliedert. Spezifische Entzündungen, in unseren Breiten eher selten, gehen auf Erreger von Tuberkulose, Brucellose und andere Erreger sog. spezifischer Infektionen zurück. Wesentlich häufiger finden sich die unspezifischen Entzündungen, darunter werden Infektionen durch Bakterien, Pilze und selten auch Parasiten subsumiert.

Als Spondylitis wird die Entzündung des Wirbelkörpers bezeichnet, als Diszitis ein isolierter Erregerbefall der Bandscheibe. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle finden sich Mischbilder. Hier hat sich in der Literatur der Begriff der Spondylodiszitis etabliert. Begleitend können paravertebrale Abszesse oder epidurale Abszesse auftreten. Letztere auch als isolierte Abszessformation ohne Entzündung der Wirbelsäule selber. Die Ausbreitung und damit eigentliche Infektion an der Wirbelsäule selber erfolgt in aller Regel hämatogen, gefördert durch die an der Wirbelsäule ausgeprägten Venenplexus. Oft ist zu diesem Zeitpunkt der initiale Herd gar nicht mehr nachweisbar. Seltener sind Ausbreitungen lymphogen, per continuitatem oder exogen nach Injektionen oder Operationen. Spondylodiszitiden machen bis zu 7 % aller Osteomyelitiden aus. Der Häufigkeitsgipfel dieser Erkrankung findet sich oberhalb des 50. Lebensjahres, damit sind häufig Patienten mit verschiedensten Begleiterkrankungen betroffen. Ein relativer Anstieg in den letzten Jahren resultiert aus der steigenden Lebenserwartung und den verbesserten medizinischen Möglichkeiten in der Behandlung chronischer Erkrankungen, deren Vorliegen als Risikofaktor für Spondylodiszitiden gilt. Zu den Risikofaktoren zählen neben allen mit Immunsuppression verbundenen Erkrankungen maligne Grundleiden, chronische Niereninsuffiziens, Diabetes mellitus und chronischer Alkohol- und Drogenmissbrauch, um nur einige zu nennen.

Die klinischen Symptome im Frühstadium sind unspezifisch. Es finden sich lokale, oft als tief sitzende Schmerzen beschrieben Rückenbeschwerden. Diese werden oft als belastungsunabhängig und auch in Ruhe bestehende Schmerzen beschrieben. Manchmal werden hinweisend allgemeine unspezifische Krankheitszeichen wie Abgeschlagenheit oder ein Leistungsknick angegeben. Typische Entzündungszeichen wie erhöhte Temperatur finden sich eher selten und dann bei foudroyanten Verläufen. Die Leukozytenzahl ist unzuverlässig, das C-reaktive Protein zeigt sich ebenfalls nur bei hoher Krankheitsaktivität als zuverlässiger Parameter. Da auch im Nativröntgen nachweisbare Veränderungen erst im Verlauf auftreten, kommt es häufig zu einer verzögerten Diagnosestellung. Goldstandard in der diagnostischen Abklärung ist das Kontrastmittel (KM)-MRT, bei Kontraindikationen zum MRT eine CT-Untersuchung mit KM. Die heute zur Verfügung stehenden nuklearmedizinischen Möglichkeiten des PET-CT und des PET-MRT sind extrem zuverlässig, bleiben aber aufgrund des Aufwandes und der Kosten im Moment unklaren differentialdiagnostischen Fragen vorbehalten oder werden bei Verdacht auf multilokuläre Entzündungen eingesetzt.

Bei Vorliegen einer Spondylodiszitis verbessert ein Keimnachweis (Punktion, Blutkultur, intraoperativ) unabhängig von der gewählten Therapie – konservativ oder operativ – die Prognose. In den letzten Jahren finden sich vermehrt multiresistente Keime und bei Patienten mit Immunsuppression Verschiebungen im Keimspektrum hin zu gramnegativen Erregern.

Das Ziel der Therapie besteht in einer Infektsanierung. Angestrebt werden eine Schmerzreduktion, eine schnelle volle Belastbarkeit, eine Ausheilung in möglichst physiologischer Stellung und eine Vermeidung neurologischer Defizite bei gleichzeitiger Vermeidung immobilisierender Maßnahmen. Erreicht werden kann dieses Ziel konservativ oder operativ.

Höchste Bedeutung hat eine konsequente Antibiotikatherapie. Vorteilhaft ist, bei bekanntem Erreger, eine gezielte Therapie, ansonsten Beginn mit einer kalkulierten Antibiose. Empfohlen wird der Beginn als i. v.-Therapie für, je nach Befundausprägung, einige Tage bis zu einer Woche. Generell wichtig ist eine ausreichend lange Gabe, die Empfehlungen liegen hier zwischen sechs und acht Wochen, wobei bei ausgeprägten Fällen Empfehlungen von bis zu 12 Wochen gegeben werden.

Konservative Maßnahmen sind bei früher Diagnose mit milder Befundausprägung ohne relevante Defekte, Fehlstellungen oder begleitende Abszesse möglich und an eine gute Compliance der Patienten gebunden. Kinder und Jugendliche werden wegen der noch besseren Durchblutungssituation und guten Prognose in aller Regel initial konservativ an behandelt. Neben der systemischen Antibiotikatherapie werden eine Reduktion der Aktivität, ein Anlernen wirbelsäulengerechten Verhaltens und ggf. eine Ruhigstellung in einem Korsett empfohlen.

Bei septischen Krankheitsbildern, bei großen Destruktionen, ausgeprägten Stenosen, resultierenden neurologischen Defiziten, Fehlstellungen und ausgeprägten Abszessen sowie bei Versagen eines konservativen Therapieversuchs ist die Indikation zur operativen Therapie gegeben. Das operative Vorgehen erlaubt ein radikales Debridement, eine Abszessevakuation sowie eine primärstabile Stabilisierung mit Knochen und Implantaten, um eine sichere knöcherne Ausheilung, eine Spondylodese, zu erzielen. Damit ist eine sofortige postoperative Mobilisierung möglich. Da an der Wirbelsäule eine gute Weichteildeckung und ein gut durchbluteter spongiöser Knochen vorliegen, können hier zur Erzielung der notwendigen Primärstabilität nach ausreichendem Debridement auch in der Infektsituation Titanimplantate eingebracht werden. Titanimplantate zeigen eine im Vergleich zu anderen Materialien geringere bakterielle Kolonisierung, die vorliegenden Studien dazu zeigen sehr gute Ausheilungsergebnisse bei geringen Rezidivraten.

Zusammenfassend sollte bei persistierenden Rückenschmerzen gerade bei älteren Patienten oder bei Patienten mit entsprechenden Risikofaktoren an das Krankheitsbild der Spondylodiszitis gedacht werden. Typische klinische Entzündungszeichen finden sich selten. Veränderungen der üblichen Entzündungsparameter geben Hinweise, sind aber nicht 100-prozentig zuverlässig. Die Diagnose wird mittels MRT gestellt. Die Therapie wird individuell am konkreten Fall festgelegt, wobei eine Reihe von Faktoren berücksichtigt werden muss. Konservative Maßnahmen bei Erwachsenen sind in aller Regel nur bei früher Diagnosestellung möglich. Bei Entscheidung zur OP hat sich heute ein standardisiertes Vorgehen etabliert. Wichtig ist die konsequente und ausreichend lange antibiotische Therapie.
 

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