Medizintechnik und Investitionsstau im DRG-System - Sonderveranstaltung des Bundesverbandes Medizintechnologie
24.02.2011 -
Medizintechik und Investitionsstau im DRG-System: Sonderveranstaltung des Bundesverbandes Medizintechnologie. Eine gut besuchte Sonderveranstaltung des Bundesverbandes Medizintechnologie (BVMed) in Berlin thematisierte das Spannungsverhältnis zwischen der hoch innovativen Branche der Medizintechnik (sie erzielt rund ein Drittel ihres Umsatzes mit Produkten, die jünger als drei Jahre sind) und den von Investitionsstau und der schwierigen Abrechnung innovativer Medizinprodukte im DRG-System geprägten Krankenhäusern.
Hartmut Schauerte, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, eröffnete die BVMed-Konferenz „Fortschritt erLeben“ am 17. September 2008 in Berlin und betonte dabei den wichtigen Nachweis der Kostensenkungspotentiale durch MedTech-Innovationen. Um nicht in die Innovationsfalle zu geraten, empfahl Peter Quaschner, Geschäftsführer der Aller-Weser-Klinik in Achim und Verden, nicht auf Regelungen und Hilfen der Politik zu warten. Nach seinen Erfahrungen ist durch einschneidende Umstrukturierungen, vor allem durch Partnerschaften mit der Industrie der Einsatz innovativer Medizintechnik möglich.
Ein Stufenplan Zukunftskonzept für die Aller-Weser-Klinik gab die Richtung vor: finanzielle Konsolidierung nach Verhandlungen mit dem Hauptgesellschafter (Landkreis Verden) und mit ver.di/ Marburger Bund für einen Zukunftssicherungsvertrag, Schwerpunktbildung, Kooperation mit anderen Krankenhäusern (vor allem mit dem Diakoniekrankenhaus Rotenburg/ Wümme), Gründung eines Medizinischen Versorgungszentrums, engere Zusammenarbeit mit Beleg- und Konsiliarärzten (auch aus Bremen, um so zusätzliche Patienten zu gewinnen), Bildung von Netzwerken, Einrichtung einer Notdienstpraxis mit der Kassenärztlichen Vereinigung und einer Stroke Unit, Zusammenarbeit mit Pflegediensten. So würden Voraussetzungen geschaffen für den dann wieder möglichen Einsatz innovativer Medizintechnik. Dabei zeigten sich die Herstellerfirmen sehr entgegenkommend bei der Realisierung von Geräteanschaffungen. Es würde honoriert, wenn eine Klinik Schwerpunktbereiche identifiziert und sich zum Ziel setzt, „Leuchttürme“ herauszubilden.
Versorgungsforschung
Zentral für die Implantierung innovativer Medizintechnik ist die Versorgungsforschung – so können nicht nur die Vorteile für den Patienten, sondern auch Kostensenkungen belegt werden. Redner von Krankenkassen und Krankenhäusern betonten in der Konferenz die Notwendigkeit, den Nutzen moderner Medizintechnologien für die Patienten besser nachzuweisen. Dazu gehören für Prof. Dr. Jens Ricke, Klinikdirektor des Universitätsklinikums Magdeburg, „prospektive Studien, die zeigen, welche Vorteile die Innovation für den Patienten hat.“ Ein solcher Beweis sei künftig die Grundlage für die Kostenübernahme. „Die Industrie darf Ärzte und Krankenhäuser hier nicht alleine lassen“, so sein Appell.
Moderator und Krankenhausexperte Prof. Heinz Lohmann sah als Zukunftsmodell von Innovationsentwicklungen eine enge Systempartnerschaft von Krankenhäusern und Industrie an. Dr. Thomas Schürholz von der Gmünder Ersatzkasse (GEK) plädierte für eine engere Zusammenarbeit mit der Industrie bei Versorgungsforschungsprojekten, die den Versorgungsalltag abbilden. „Wir brauchen dabei Kooperationen zwischen Krankenkassen und Industrie“, so der Krankenkassenmanager. Industrievertreter Wolfgang Frisch von Medtronic stimmte zu und sprach sich für die verstärkte Bildung von Netzwerken aus, um Therapiekonzepte unter Einbeziehung der Krankenkassen und der Industrie zu gestalten.
Prof. Dr. Jens Ricke, Klinikdirek- tor des Universitätsklinikums Magdeburg, und Thomas Holzmann, Geschäftsführer von AGA Medical Deutschland, erläuterten am Beispiel des „Vascular Plugs“ den Eingang eines kostensparenden Therapiekonzepts in die medizinische Versorgung. Das Implantat wird mit Hilfe eines Katheters ins Herz eingeführt und verschließt beispielsweise angeborene Herzdefekte. Krankenhaus und Unternehmen führten zu dem „Vascular Plug“ eine prospektive Studie im Vergleich zum Standardverfahren durch. Das Ergebnis: Die Durchleuchtungszeit und die Eingriffszeit können gesenkt werden. Die Kontrastmittelmengen können nach einer kurzen Lernphase reduziert werden. Die Kosten der Embolisation sinken um 30 %.
Die Bedeutung der Versorgungsforschung für die Patientenversorgung mit modernen Medizintechnologien belegten Dr. Thomas Schürholz, Gmünder Ersatzkasse (GEK), und Wolfgang Frisch, Direktor Reimbursement bei Medtronic, anhand eines Versorgungsforschungsprojekt im Bereich schwerer Herzinsuffizienz. Bei der erforschten MedTech-Innovation handelt es sich um ein neues Diagnosesystem zur Widerstandsmessung innerhalb des Brustkorbes, um festzustellen, ob sich Wasser in der Lunge befindet. Dies ist ein Frühindikator für schwere Ereignisse bei den Patienten. Die Diagnosefunktion ist in dem modernen Schrittmacherimplantat enthalten. Die Initialkosten für die Operation und Implantierung sind höher. Die Studie zeigte aber, dass „die Gruppe mit dieser Innovation die geringsten Kosten verursacht“, so Schürholz. Der Grund liegt in der Verhinderung von teuren Krankenhauseinlieferungen. Denn zwei Drittel der Kosten für Patienten mit einer ausgeprägten Herzinsuffizienz werden durch Krankenhausaufenthalte verursacht.