06.08.2025 • News

Luftverschmutzung verändert die Plazenta

Eine neue Studie der Medizinischen Universität Graz in Österreich und der Universität Lund in Schweden zeigt erstmals Auswirkungen von Feinstaub auf Schwangerschaft.

Birgit Hirschmugl im Labor. Foto: Med Uni Graz
Birgit Hirschmugl im Labor. Foto: Med Uni Graz

Feinstaub gilt als eine ernst zu nehmende Umweltgefahr für die menschliche Gesundheit – und seine Auswirkungen beginnen bereits früher als bisher angenommen. Eine internationale Forschungskooperation zwischen der Universität Lund in Schweden und der Medizinischen Universität Graz hat erstmals gezeigt, dass Feinstaubpartikel aus dem städtischen Verkehr nicht nur die Struktur der Plazenta verändern können, sondern auch deren Immunzellen in ihrer Funktion beeinflussen können. Bereits ein kurzer Kontakt mit PM2,5-Partikeln – also besonders feinen Luftschadstoffen – führte im Experiment zu messbaren Veränderungen im Plazentagewebe. Die Studie wurde im Journal of Environmental Sciences veröffentlicht.

Zerstörte Zellstrukturen und entzündliche Immunreaktionen

Die Plazenta übernimmt während der Schwangerschaft zentrale Aufgaben: Sie versorgt das ungeborene Kind mit Nährstoffen und Sauerstoff, reguliert den Stoffwechsel zwischen Mutter und Fötus und sorgt durch spezialisierte Immunzellen für ein entzündungsfreies, schützendes Milieu im Mutterleib. Um besser zu verstehen, wie Luftschadstoffe diese Funktionen beeinträchtigen könnten, nutzte das Forschungsteam ein hochspezialisiertes experimentelles Modell – die ex vivo duale Plazentaperfusion, bei der Plazentagewebe unmittelbar nach der Geburt unter kontrollierten Bedingungen untersucht werden kann.

Die Analyse der Proben mittels Transmissionselektronenmikroskopie zeigte, dass bereits ein kurzer Kontakt mit PM2,5-Partikeln, den besonders kleinen Feinstaubpartikeln aus dem städtischen Verkehr, zu deutlichen Schäden im Plazentagewebe führt. Betroffen waren unter anderem Kollagenfasern, die dem Gewebe Stabilität verleihen, sowie Mitochondrien, die für die Energieversorgung der Zellen entscheidend sind. „Besonders auffällig war die Reaktion der Immunzellen in der Plazenta: Sie wechselten von einem normalerweise entzündungshemmenden in einen entzündungsfördernden Zustand – ein Muster, das auch bei Präeklampsie beobachtet wird, einer ernsten Schwangerschaftserkrankung mit möglichen Risiken für Mutter und Kind“, beschreibt Molekularbiologin Birgit Hirschmugl von der Med Uni Graz.

Ein möglicher Risikofaktor für Präeklampsie

„Unsere Daten legen nahe, dass Luftschadstoffe nicht nur das Risiko für Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen, sondern auch ein bisher unterschätztes Risiko für Schwangere und ihr ungeborenes Kind darstellen“, betont Christian Wadsack, Leiter der Grazer Forschungsgruppe. Die Veränderungen in der Plazenta könnten demnach zur Entwicklung von Präeklampsie beitragen, einer Erkrankung, die mit Bluthochdruck, Organschäden und Wachstumsverzögerungen beim Fötus einhergehen kann.

Wissenschaftlicher Fortschritt mit gesellschaftlicher Relevanz

Die Erkenntnisse unterstreichen die Dringlichkeit politischer und gesellschaftlicher Maßnahmen zur Reduktion von Luftverschmutzung – insbesondere in urbanen Ballungsräumen. Gleichzeitig zeigen sie, wie wichtig eine intensive Erforschung der Plazenta als zentrales Organ der Schwangerschaft ist.

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Medizinische Universität Graz

Auenbruggerplatz 2
8036 Graz
Österreich

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