Prothetik, Exoskelett, Organ-on-a-Chip
Der Klee-Preis 2025 geht an Arbeiten mit hohem Nutzen für die Patienten.



Dr.-Ing. Sonja Ehreiser (RWTH Aachen) erreicht beim Klee-Preis 2025 den ersten Platz für ihre Dissertation zur besseren Versorgung von Patienten mit Knie-Prothesen. Platz 2 geht an Dr.-Ing. Lukas Bergmann (RWTH Aachen) für seine Doktorarbeit zu Exoskeletten, die Bewegungsintentionen erfassen und adaptiv unterstützen können. Für ihre Dissertation zu einem 3D-Biodruckprozess für ein Organ-on-a-Chip, das in der pharmazeutischen Forschung genutzt werden kann, geht Platz 3 an Dr.-Ing. Anna Moritz-Fritschen (TU Darmstadt).
Gemeinsam mit der Stiftung Familie Klee schreibt die Deutsche Gesellschaft für Biomedizinische Technik im VDE (VDE DGBMT) einmal im Jahr den Klee-Preis aus, um den wissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern. 2025 wurden drei Arbeiten ausgezeichnet, die einen besonders hohen Nutzen für die Behandlung von Patientinnen und Patienten bergen. Im Fokus stehen mit Knie-Prothesen und Exoskeletten zwei medizintechnische Produkte, die direkt am Menschen zum Einsatz kommen, sowie mit dem Thema Organ-on-a-Chip Verbesserungen für die pharmazeutische Forschung.
Perfect Match: Größen und Passgenauigkeit von Knieimplantaten verbessern
Der mit 5.000 EUR dotierte erste Platz geht an Dr.-Ing. Sonja Ehreiser (RWTH Aachen) für ihre Arbeit zur besseren Versorgung in der Knieendoprothetik. Der Ersatz des Kniegelenks zählt zu den am häufigsten durchgeführten Operationen weltweit, wobei immer mehr jüngere Patientinnen und Patienten die Behandlung benötigen. Bisher allerdings ist der Anteil unzufriedener Patienten nach der Operation relativ hoch.
Sonja Ehreiser erklärt: „Das Knie ist ein Gelenk, das als Prothese sehr hohe Anforderungen erfüllen muss. Durch meine Arbeit möchte ich dazu beitragen, dass sich die Lebensqualität nach dem Eingriff verbessert.“
Ehreiser hat eine Datenbank mit über 85.000 Kniegelenken ausgewertet, um zu ermitteln, welche Größen Implantate haben müssten. Das bisher verfügbare Angebot an Standardimplantaten beruht auf relativ kleinen Datensätzen von wenigen hundert Patienten. „Passt man die Größen der Implantatsysteme an die Realität an, lässt sich eine um 19 bis 26 Prozent verbesserte Patientenabdeckung erreichen.“ Zudem stellt die Arbeit dar, wie sich die Passgenauigkeit mit Blick auf Form und Funktion durch eine individuelle Passform-Bewertung für Implantate optimieren lässt. Ehreiser leitet mittlerweile die KI-Entwicklung für orthopädische Planungssoftware bei mediCAD, hat das Projekt aber an eine Nachfolgerin am Institut weitergegeben.
Exoskelette mit Regelungstechnik: Bewegungsapparat unterstützen, nicht ersetzen
Störungen des Bewegungsapparats infolge von Schlaganfällen betreffen weltweit viele Menschen, wobei konventionelle Therapien sehr aufwändig sind und viele Ressourcen erfordern. Robotische Rehabilitationssysteme können den Prozess unterstützen, müssen aber Patientinnen und Patienten ermöglichen, Bewegungen selbst zu initiieren.
Dr.-Ing. Lukas Bergmann erläutert: „Die Forschung an Exoskeletten kann langfristig einen bedeutenden Beitrag zur Unterstützung von Menschen mit Störungen des Bewegungsapparats leisten. Fachlich spannend für mich dabei ist, dass die Regelungstechnik hier eine Anwendung findet, die einen sehr hohen Praxisbezug hat.“
Im ersten Teil seiner Arbeit beschreibt Bergmann das Hardwaredesign eines aktiven Exoskeletts mit Aktuatoren, das eine sichere Kopplung zwischen Mensch und Exoskelett ermöglicht. Dazu passend hat er einen kooperativen Regler entwickelt, der die Gelenkdrehmomente des Benutzers in Echtzeit schätzt und unterstützt. „Am Institut wurden neue Kollegen eingestellt, die den entwickelten Ansatz weiter verfolgen. Ich selbst habe mich beruflich bei ANYbotics in Richtung Robotik orientiert und mit meiner Frau ein Start-up gegründet, bei dem wir Regelungstechnik dazu nutzen, um motorisierte Fahrradanhänger für Kinder zu steuern.“
Organ-on-a-Chip mit 3D-Biodruck: Medikamente ohne Nebenwirkungen entwickeln
In der pharmazeutischen Forschung gilt es, die Komplexität menschlicher Organe in den derzeit verfügbaren Gewebemodellen abzubilden. Bei Tierversuchen oder klinischen Studien zeigen sich im nächsten Schritt jedoch häufig unerwartete Nebenwirkungen oder eine geringe Wirksamkeit der Medikamente, da die Modelle nicht genau genug sind.
Dr.-Ing. Anna Moritz-Fritschen erklärt: „In meiner Dissertation habe ich einen 3D-Biodruckprozess entwickelt, mit dem man verschiedene Zelltypen und Matrixmaterialien mit hoher Ortsauflösung platzieren kann.“ Um innerhalb von 14 Tagen ein dreidimensionales, mit Kapillargefäßen versorgtes Krebsmodell zu erzeugen, hat sie menschliche Leberkrebszellen mit Blutgefäß- und Bindegewebszellen kombiniert. Dieses Modell wurde auf einen mikrofluidischen Chip integriert und an ein Pumpsystem angeschlossen, sodass auf dem so entstandenen Organ-on-a-Chip eine Versorgung der Zellen mit Nährstoffen und die Aufnahme von pharmazeutischen Wirkstoffen realitätsnah simuliert werden kann.
„Der Bedarf für diese Forschung ist immens“, stellt Moritz-Fritschen fest. „Die FDA (U.S. Food and Drug Administration) hat vor zwei Jahren erstmals Alternativen zu Tierversuchen zugelassen. Mit genauen Modellen vermeidet man Late Fails und damit hohe Entwicklungskosten für Produkte, die nicht erfolgreich sind.“ Um weiter in der medizinisch-pharmazeutischen Forschung tätig sein zu können, hat sie an der TU Darmstadt ihre aktuelle Arbeit als Gruppenleiterin mit Schwerpunkt Biomedical Devices aufgenommen.
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